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Kein vernünftiger Abfluss im Innenhof des Compounds in der kenianischen Kleinstadt Juja, in dem schon das ganze Jahr über, das Wasser steht. Foto: privat

Hilfe für Afrika

von Andreas Petry

Pirmasenser Verein „PS:4 Kenia e.V.“ unterstützt vor Ort

Ann wohnt in Juja, einer Kleinstadt nordöstlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi.  Die 17-jährige lebt dort mit ihren drei Geschwistern und ihrer Mutter in einem kleinen Raum von zehn Quadratmetern. Eine eigene Toilette besitzen sie dort nicht. Die vier Latrinen des Wohnkomplexes teilen sich Ann und ihre Familie mit den rund fünfzig Bewohnern dieser Ansammlung von aneinandergebauten kargen Steinhütten mit löchrigen Wellblechdächern. Diese so schon lebensunwürdigen Bedingungen haben sich für die Bewohner der vielen Slums in Anns Heimat in den letzten Wochen stark verschlimmert. Die Klimakrise hat die südliche Erdhalbkugel mit voller Wucht getroffen, nicht zum ersten Mal, nur viel extremer als in den letzten Jahren.

„Zurzeit wütet in Ostafrika eine ungewöhnlich heftige Regenzeit. In den Slumgebieten von Kenia stehen riesige Flächen seit Wochen unter Wasser. Über 200 Menschen kamen bereits ums Leben, Dutzende werden vermisst. Das Rote Kreuz schickt beinahe täglich Warn-SMS vor Dammbrüchen und Fluten aus verschiedenen Landesteilen. An Infrastrukturverbesserungen oder andere Anpassungsmaßnahmen ist in der derzeitigen Lage nicht zu denken“, schreibt Katharina Wilhelm-Otieno, Redakteurin der zweisprachigen deutschen Zeitschrift E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit (englisch: D+C Development and Cooperation), die als internationales Diskussionsforum der deutschen Entwicklungspolitik dient. 

Katharina Wilhelm-Otenio war 2013 erstmals in Afrika

Vor zwei Wochen kehrte die für Afrika zuständige Journalistin dieser Publikation wieder von Juja nach Pirmasens zurück. Die promovierte Ethnologin lebt und arbeitet in beiden Kleinstädten. Und: die gebürtige Pirmasenserin gehört zum Vorstandsteam des hiesigen Vereins „PS:4 Kenia e.V.“  und unterstützt diese ehrenamtliche Hilfstätigkeit nunmehr seit elf Jahren. „2013 war ich erstmals mit dem Team um den Pirmasenser Urologen Dr. Horst Brenneis und Dr. Steffen Nirmaier, heute Chefarzt der Chirurgie des Zweibrücker Nardini-Krankenhauses, bei einem Operationseinsatz in Kenia dabei“, erzählt die 31-Jährige über ihr ehrenamtliches Engagement.

Engagiert in Kenia und für PS:4 Kenia - die Pirmasenserin Dr. Katharina Wilhelm. Foto: privat
Engagiert in Kenia und für PS:4 Kenia – die Pirmasenserin Dr. Katharina Wilhelm. Foto: privat

 Der Verein ist mittlerweile nicht mehr nur in Ostafrika aktiv und hat sich seit 2013 weiterentwickelt, auch weil durch Corona die ärztliche Hilfe im Rahmen der Charity-Einsätze zunächst weggefallen musste.  In Pirmasens betreiben die Vereinsmitglieder einen Second-Hand-Laden namens „Second Help“, in dem gegen ein geringes Entgelt Kleidung verkauft wird. Der Erlös fließt zu hundert Prozent in die Projektarbeit des Vereins. Gebrauchte Kleider landen also wieder im Schrank und nicht auf der Müllhalde, und die Käufer von Blusen, Hosen und Schuhen unterstützen damit die Aktionen in Kenia.  

Derzeit wird in der Tat dort jeder Euro gebraucht. Der Pirmasenser Verein hat sich mittlerweile in einem Slumgebiet in Juja ein Grundstück gesichert, um öffentliche Toiletten und Duschen zu bauen. „Wir haben mit den dort lebenden Menschen über ihre Probleme gesprochen und gefragt, was am dringendsten gebraucht wird“, berichtet die Ethnologin. Toiletten sei die Antwort gewesen, so Wilhelm-Otieno. Nach Erfüllung aller festgelegter Kriterien, insbesondere hinsichtlich der Erreichbarkeit für viele bedürftige Menschen, wurde das 300 Quadratmeter große Areal ausgesucht und der Kauf mittlerweile finalisiert. 

Der Pirmasenser Verein will auf eigenem Grundstück Toiletten und Duschen bauen

„Natürlich fehlt uns weiterhin finanzielle Unterstützung, um das Projekt weiter voranzutreiben“, erklärt die Ethnologin und wirbt für den Toilettenbau. Wilhelm-Otieno: „Wir suchen Firmen aus der Region, die sich als Partner mit uns in Kenia engagieren, sozusagen als ihr soziales Projekt.“ 

Darüber hinaus laufen momentan auch die Planungen für einen neuerlichen ärztlichen Hilfseinsatz Ende des Jahres. Hier steht der Verein ebenfalls in enger Verbindung mit Verantwortlichen des kenianischen Gesundheitsministeriums. 

So schlimm sehen die Toilettenanlagen in der kenianischen Kleinstadt Juja aus. Foto: privat
So schlimm sehen die Toilettenanlagen in der kenianischen Kleinstadt Juja aus. Foto: privat

Zurück zu Ann. Auch sie ist von den aktuellen Überflutungen stark betroffen. Jeden Morgen muss sie zusammen mit ihren Geschwistern und Freunden das in ihrem Beschlag mehr als kniehoch stehende Wasser mit Eimern schöpfen und auf ein erträgliches Maß reduzieren. Auch in die Schule kann sie nicht gehen. Die sind seit Wochen geschlossen. Cholera und andere Krankheiten drohen auszubrechen. 

„Der gesamte afrikanische Kontinent ist nur für vier Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, trägt aber, wie man gerade in Kenia sieht, die Hauptlast des Klimawandels. Es ist wichtiger denn je, dass wir Menschen in den reichen Industrienationen hier helfen“, sendet Wilhelm-Otieno nochmals einen Hilfsappel.

INFO:

PS:4 Kenia ist ein eingetragener Verein und vom Finanzamt Pirmasens als gemeinnützig anerkannt. Der Verein ist im Internet und den sozialen Medien unter www.ps4kenia.de – Instagram: @ps4kenia.ev – Facebook @ps4kenia -Spendenkonto: Sparkasse Südwestpfalz: IBAN: DE77 5425 0010 0000 0949 79