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Kaiserwetter für den Landgrafen: Es geht (auch) um die Wurst
von Laszlo Pinter und Thomas Müller • Titelfoto: Laszlo PinterÜber 20 Grad, T-Shirt-Wetter in der Horebstadt und die Massen bevölkern die Fußgängerzone und den Schloßplatz. Doch bei all der Begeisterung über Wetter und Startschuss in die Fest-Freiluft-Saison gibt es auch kritische Stimmen.
„Hätte ich gewusst, dass die Wurst sechs Euro kostet, hätte ich sie nicht gekauft“, sagt Nadine Salzmann. Sie hat sich einfach in die Schlange gestellt, geordert und als der Verkäufer den Preis aufrief, gestaunt. „Da wollte ich dann aber nicht mehr Nein sagen, wäre ja peinlich gewesen.“ Ihre Mutter Renate ist geschockt:
„Ich verstehe nicht, wieso die Preise momentan so explodieren“, sagt sie.
Bald könne man sich auswärts Essen gar nicht mehr leisten. Ins selbe Horn bläst auch Michael Gaubatz. „Sechs Euro für eine Wurst? So viel Hunger könnte ich gar nicht haben“, schimpft er. Er stamme aus der Generation, die immer noch in Mark umrechne, obwohl man das ja auch nicht mehr machen solle. Dennoch stehen die Kunden vor der Fleischbraterei Schlange. „Dann haben die Betreiber alles richtig gemacht“, sagt Gaubatz. Dass zwar alles teurer wird, sei richtig, wobei Pirmasens noch ein günstigeres Pflaster sei, ist sich Marktleiter Carolan Lieb sicher.
„Inflation, gestiegene Rohstoffpreise und Personalkosten schlagen auch hier zu“, sagt er. Allerdings habe er Stände dabei, die zum ersten Mal seit Jahren bei den Preisen eine Schippe drauflegen mussten. Auch weist er auf die Qualität der Produkte hin. „Meine Leute kaufen bei Metzger und nicht bei Metro“, sagt er. Glücklich ist der Marktleiter – den Job macht er nun zum dritten Mal – über das Wetter. „Letztes Jahr war trist und traurig, dieses Mal haben wir richtig Glück. Auch der verkaufsoffene Sonntag trage zu mehr Besuchern bei. Er hofft, einigen Leuten so Lust auf den Mittelaltermarkt im Juli zu machen. Da ist vielleicht auch wieder Gaukler Timelino aus Freisen dabei, der den Zuschauern mit Jonglieren, Messern und heißen Fackeln zusätzlich eingeheizt hat. „Es macht richtig Spaß hier, liegt aber auch wetterbedingt daran, dass viel mehr Menschen da sind.“ Er kann sich vorstellen öfter nach Pirmasens zu kommen. „Hoffentlich werde ich wieder gebucht“, lacht der 24-Jährige. Gaukler ist übrigens sein Hauptjob, eine Ausbildung zum Heilerzieher hat er wegen seiner Leidenschaft sausen lassen. Schon seit er acht Jahre alt ist, jongliert er. Kann man davon leben? „Ja, wenn man es richtig macht“, sagt er. Allein dieses Jahr ist er schon bei 43 Terminen fest gebucht, also praktisch jedes Wochenende deutschlandweit unterwegs.
Das Strahlen bekommt auch Modehändlerin Ilka Knüttel nicht aus dem Gesicht. „Es hat jetzt gefühlt seit Oktober geregnet, man spürt wie die Leute nach draußen drängen und das Wetter genießen“, sagt sie. Ihr Mann Hans stimmt zu. „Heute brummt es richtig, es ist fast wie früher.“ Beide blicken die Fußgängerzone hinab. „So viele Menschen habe ich hier schon ewig nicht mehr auf einmal gesehen“, sagt Ilka. Es ist ihr letzter verkaufsoffener Sonntag bei den Landgrafentagen als Chefin ihrer beiden Modegeschäfte. Wie berichtet übernehmen ab 1. Mai Katrin Starke und Michael Kauke aus Nordrhein-Westfalen die Läden. „Es waren schon viele treue Kunden da, das freut uns sehr“, sagen die Knüttels.
Frenzos der Besenbinder alias Ferry kommt aus Pforzheim und ist zum ersten Mal in Pirmasens dabei: „Meine Kunst ist das Besenbinden und das schon seit 40 Jahren! Ich bin der letzte Verbliebene, der diese Kunst noch am Leben hält. Ich werde von den Märkten gebucht für Vorführungen, denn durch alleine den Verkauf könnte ich nicht davon leben. Das ist wohl auch der Grund warum sich niemand mehr für diese Tradition interessiert.“ erzählt Ferry während er für uns einen Besen bindet.
Mahi Ba kommt aus dem Elsass und ist noch neu unter den Gauklern. Als Salami-Dealer besticht er mit Spanischen Würsten die Besucher: „Ich bin erst seit zwei Jahren auf Mittelalterlichen Märkten unterwegs. Mir gefällt diese Epoche der Zeit sehr mit all den Traditionen, die damit einhergehen – bei mir geht’s um die Wurst!“, so der Gaukler.
„Seit frühster Kindheit besuche ich mit meinen Eltern Mittelaltermärkte. Die Atmosphäre hier finde ich ganz nett! Das Wetter spielt dieses Jahr auch mit, was nicht immer so war!“, beschreibt die 20-jährige Leni Maurer ihren Besuch auf dem Markt.