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Ungewöhnliche Orte in unserer Stadt: Zu Besuch im Pirmasenser Stadtarchiv
von Oliver Siebisch • Titelfoto: Thomas MüllerEs handelt sich um eine erstaunliche Zahl, die da zu vernehmen ist: Die Aktensammlung des Stadtarchivs hat eine Länge von mehr als 1,3 Kilometern. Und auch die Zahl der vorhandenen Bilder lässt staunen. Vorhanden sind ca. 25.000 Abzüge, 20.000 Negative und 17.000 Dias. Das alles erzählt der Mitarbeiter des Archivs Norman Salzmann, nimmt auch gleich einen Ordner mit historischen Aufnahmen in die Hand und schlägt ihn auf.
Besonders anhand von Fotografien der Pirmasenser Straßenzüge könne man die einstige Form der Stadt, die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau gut nachvollziehen. Zu erblicken ist da etwa der in Trümmern liegende Exerzierplatz, dann seine spätere Neugestaltung. Auch die örtliche Industriegeschichte, die Messe- und Sporthistorie, so erklärt der Archivmitarbeiter Norman Salzmann, sei durch Bildmaterial gut dokumentiert. Dieses liege in analoger, teils in digitaler Form vor, mitunter sogar noch als Glasplatte.
Einen weiteren wichtigen Bestand des Archivs bildeten die durchgehend vorhandenen Ausgaben der “Pirmasenser Zeitung”. Der Mann, der dies so freundlich darlegt, ist ausgebildeter Fachangestellter für Medieninformationsdienste mit dem Fachbereich Archiv. Die Begeisterung für die Stadtgeschichte kann man ihm deutlich anmerken. Schon während der Schulzeit habe er sich für lokale historische Zusammenhänge interessiert. Er hebt davon die Landgrafenzeit und die “Schuhgeschichte” hervor.
Sein Kollege Peter Felber spricht von den teilweise an das Archiv abgegebenen Standesamtsakten als einem Hauptanfragegebiet des Archivs. Schon 1798, unter der französischen Verwaltung, setzten die “Zivilstandsregister” ein, die auch unter bayerischer Herrschaft fortgeführt wurden. Heute werden diese Bestände vor allem von Familienforschern und zu amtlichen Zwecken benutzt. Die Register seien nicht zuletzt im Hinblick auf die einstige Sozialstruktur der Stadt aufschlussreich: Stehen am Anfang dünne Bände, so wachsen sie durch Zuzug von Arbeitern in der “Gründerzeit” im Kontext der immer mehr aufblühenden Schuhindustrie von Jahr zu Jahr im Umfang an.
Befragt nach der in Archivalien zutage tretenden Schönheit der Stadt, kehren die Archivmitarbeiter die beeindruckenden Bauten der “Gründerzeit” hervor. Zumal die Alte Post, das “Postdreieck” seien davon noch erhalten. Wie in vielen deutschen Städten habe der Krieg in Pirmasens bei einer Zerstörung von etwa 90 Prozent der Gebäude eine unverkennbare, auch kulturelle Zäsur bedeutet. Die heutige Erscheinung der Stadt sei von raschem Wiederaufbau geprägt.
Als zweifellos schönen Aspekt der Vergangenheit in der Gegenwart wird die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum bezeichnet. Vom Stadtarchiv betreut, bietet es Sonder- wie Wanderausstellungen, die auch periphere Themen der Stadt- und Regionalgeschichte beleuchten. Gerade sind dort Stammbücher und Poesiealben zu betrachten. Deren bis in die Reformationszeit zurückreichende Tradition wird in Pirmasens durch ein frühes Exponat von 1781 anschaulich. Heinrich Korn, der Sohn eines gräflichen Buchbinders, ist sein Urheber. Darin befinden sich bewegende, sehr persönlicher Texte in deutscher Schreibschrift, gelegentlich auch eine Zeichnung. Norman Salzmann bezeichnet das Buch als ein “Gesamtkunstwerk”. Die chronologisch angelegte, durchaus sehenswerte Schau zeige die Genese dieser Bücher bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Nach dem höchst informativen Gespräch schließen sich die Türen des Pirmasenser Stadtarchivs. Ihm und seinen Mitarbeitern soll jedoch bald wieder ein Besuch abgestattet werden. psst! wird die Leserinnen und Leser über Neues aus der Stadtgeschichte auf dem Laufenden halten.