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24,8 Milliarden Euro Defizit – was das für Pirmasens bedeutet
von Julia ScheppNoch nie seit der Wiedervereinigung war das Haushaltsdefizit deutscher Kommunen so hoch wie im Jahr 2024. Laut Statistischem Bundesamt fehlten den Städten und Gemeinden im vergangenen Jahr insgesamt 24,8 Milliarden Euro. Eine Summe, die sich abstrakt anhört – aber ganz konkrete Folgen auch für Pirmasens hat.
Denn: Pirmasens gehört zu den besonders betroffenen Kommunen. Die Stadt ist Teil des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“, einem Zusammenschluss von 71 Städten, die seit Jahren gegen eine strukturelle Benachteiligung im kommunalen Finanzsystem ankämpfen. Für Pirmasens heißt das: Immer weniger Spielraum im Haushalt, steigende Sozialausgaben, Investitionsstau – und die Sorge, zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge bald nicht mehr leisten zu können.
Haushaltslücke mit Ansage
Die nun veröffentlichte Zahl von 24,8 Milliarden Euro Minus ist fast viermal so hoch wie im Vorjahr – und ein historischer Negativrekord. Besonders betroffen sind Kommunen wie Pirmasens, die schon lange mit geringen Steuereinnahmen, hoher Arbeitslosigkeit und wachsenden sozialen Herausforderungen zu kämpfen haben.
„Das ist kein Warnsignal mehr – das ist der Hilferuf vieler Städte, die mit dem Rücken zur Wand stehen“, sagen Martin Murrack und Silke Ehrbar-Wulfen, Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“. Pirmasens ist dabei kein Einzelfall – aber ein besonders deutliches Beispiel.
Hauptproblem: Steigende Sozialausgaben
Die Ursachen für das Rekorddefizit sind laut Statistischem Bundesamt eindeutig: Steigende Sozialausgaben treffen auf stagnierende Einnahmen. Die kommunalen Steuereinnahmen stiegen 2024 gerade einmal um 1,5 Prozent, während gleichzeitig die Sozialkosten um etwa zwölf Prozent nach oben schossen. Besonders stark war der Anstieg bei der Kinder- und Jugendhilfe (+17,1 %) und der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen (+13,6 %).
Das traurige Fazit: Hohe Sozialausgaben drücken den Haushalt, freie Mittel für Investitionen – etwa in Schulen, Straßen, Kultur oder Stadtentwicklung – sind kaum noch vorhanden. Und das, obwohl viele dieser sozialen Leistungen im Auftrag von Bund und Land erbracht werden.
Was das Bündnis fordert – auch im Namen von Pirmasens
Das Aktionsbündnis, dem neben Pirmasens auch 13 weitere rheinland-pfälzische Städte angehören (darunter Mainz, Ludwigshafen, Trier und Kaiserslautern), fordert deshalb fünf konkrete Maßnahmen von der künftigen Bundesregierung:
- Höherer Bundesanteil an Sozialleistungen, die die Kommunen ausführen
- Größerer Anteil der Kommunen an den Steuereinnahmen, damit Städte wie Pirmasens nicht dauerhaft abgehängt werden.
- Keine Aufgabenübertragung mehr ohne gesicherte Finanzierung – ein Prinzip, das bisher regelmäßig missachtet wird.
- Umsetzung einer Altschuldenlösung, die versprochen, aber bislang nicht realisiert wurde. Für Pirmasens mit seiner hohen Pro-Kopf-Verschuldung wäre das ein Befreiungsschlag.
- Bürokratieabbau und Digitalisierung, um Verwaltungsprozesse zu verschlanken und Ressourcen zu sparen.
Warum das auch für Bürgerinnen und Bürger wichtig ist
Die Folgen des Defizits sind vielerorts längst im Alltag spürbar. Ob fehlendes Personal in Kitas, marode Straßen oder geschlossene Freizeiteinrichtungen: Viele kommunale Angebote lassen sich nur noch mit Mühe aufrechterhalten. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass dringend notwendige Investitionen weiter verschoben werden müssen – und damit die Stadtentwicklung ausgebremst wird.
„Wir reden hier nicht über abstrakte Zahlen, sondern über die Zukunft unserer Stadt“, sagt ein Sprecher aus dem Pirmasenser Rathaus. „Wenn keine Unterstützung kommt, können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern bald nicht mehr das bieten, was sie zurecht erwarten.“
Neue Bundesregierung – neue Chancen?
Die Koalitionsverhandlungen sind abgeschlossen, und viele Kommunen blicken mit Spannung auf die neue Bundesregierung. Das Thema Kommunalfinanzen wurde zwar lange vernachlässigt, doch das Aktionsbündnis setzt nun auf ein offenes Ohr in Berlin. Erste Signale aus dem neuen Koalitionsvertrag lassen hoffen, dass die Sorgen der Städte künftig ernster genommen werden – darunter auch das Versprechen, die kommunale Altschuldenproblematik anzugehen.
Für Pirmasens wäre das ein wichtiges Signal. Denn trotz aller Herausforderungen gibt es in der Stadt auch den Willen zur Gestaltung – aber dafür braucht es endlich faire finanzielle Rahmenbedingungen. Die Kommunen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Jetzt ist es an der Bundespolitik, ihnen den nötigen Spielraum zurückzugeben.
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