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Sagen und Spuk rund um Pirmasens Teil 4: Die Glocke, die keiner mehr hörte

von Julia Schepp

In dieser Serie geht es um die geheimnisvollen Seiten der Stadt – um Sagen, Gerüchte und Überlieferungen, die nicht in Akten, aber im Gedächtnis der Menschen weiterleben. Orte, an denen sich Geschichte und Legende berühren. Dieses Mal führt die Spur in die Innenstadt, zu einem der markantesten Gebäude von Pirmasens: der Lutherkirche.

Ein Klang, der verschwand

Die evangelische Lutherkirche wurde zwischen 1902 und 1905 errichtet. Ihre markante Kuppel und der hoch aufragende Turm prägen das Stadtbild. Doch ein kleiner Teil ihrer Geschichte wirft bis heute Fragen auf: Was wurde aus der Glocke, die im Krieg verschwand?

Fest steht: Während des Zweiten Weltkriegs wurden zahlreiche Kirchenglocken im Deutschen Reich eingeschmolzen, um das Material für Rüstungszwecke zu verwenden. Auch Pirmasens war davon betroffen. Einige Glocken wurden abgenommen, andere blieben zunächst unangetastet, wurden später aber dennoch nicht mehr zurückgebracht. Im Fall der Lutherkirche fehlt bis heute eine konkrete Spur zu einer der Glocken, die einst zum Geläut gehörte.

Ob sie tatsächlich eingeschmolzen wurde, ob sie verlagert, beschädigt oder vergessen wurde, ist nicht eindeutig dokumentiert. In alten Verwaltungsunterlagen der Nachkriegszeit fehlen klare Hinweise. Kirchenchroniken erwähnen den Verlust, aber nicht den Verbleib.

Eine Geschichte beginnt zu kreisen

Irgendwann in den 1960er- oder 70er-Jahren tauchte erstmals ein Gerücht auf: In manchen Nächten, so heißt es, sei eine einzelne Glocke zu hören, obwohl das Geläut der Lutherkirche zu dieser Zeit vollständig schweigen sollte – etwa nachts oder an Feiertagen ohne Liturgie.

Die Geschichte verbreitete sich vor allem im Umfeld von Anwohnern und älteren Gemeindemitgliedern zu dieser Zeit. Einige sprachen von einem einzelnen Glockenschlag, der durch den Nebel hallte. Andere glaubten, ihn nur zu träumen. Niemand konnte belegen, woher der Klang kam – oder ob er überhaupt real war. Die Geschichte fand ihren Weg in Gespräche, später in Schulhöfe, gelegentlich sogar in Artikel über Stadtgeschichte.

Was bleibt: Ein Ort mit Nachhall

Ob die Erzählung auf einem akustischen Irrtum, einem natürlichen Widerhall oder bloßer Einbildung beruht, lässt sich nicht sagen. Die Lutherkirche steht jedenfalls bis heute fest an ihrem Platz – als Bauwerk, als Denkmal, als Erinnerungsort. Und vielleicht auch als Projektionsfläche für eine Stadt, in der selbst das Schweigen noch eine Geschichte hat.


Titelfoto: Gerd Eichmann


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