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Sagen und Spuk rund um Pirmasens Teil 5: Der schreiende Felsen vom Winschertkopf
von Julia ScheppManche Geschichten schleichen sich nicht durch Gänge oder Schatten – sie wehen durch die Luft. In dieser Folge geht es nicht um Geister oder verschwundene Dinge, sondern um einen Ton, der angeblich aus dem Stein selbst kommt. Der Winschertkopf, ein markanter Sandsteinfelsen am westlichen Stadtrand, ist nicht nur ein beliebtes Wanderziel – sondern auch Schauplatz einer seltsamen Überlieferung.
Der Fels, der Töne von sich gibt
Der Winschertkopf liegt oberhalb des Gersbachtals, auf halber Strecke zwischen Pirmasens und dem Stadtteil Windsberg. Wer ihn besteigt, wird mit einem weiten Blick über den Pfälzerwald belohnt – aber früher, so wird erzählt, wurde der Felsen bei Wind gemieden.
Grund dafür war ein Geräusch, das sich wie ein hoher, pfeifender Ton angehört haben soll – langgezogen, manchmal stoßweise, und in windigen Nächten sogar klagend. Wanderer, Holzarbeiter und vereinzelt auch Anwohner berichteten von dem Laut, der nicht zuzuordnen war. Kein Tier, keine Maschine – sondern ein Klang, der direkt aus dem Fels zu kommen schien.
Dokumentiert ist dieses Phänomen nicht, und auch wissenschaftliche Untersuchungen zum akustischen Verhalten des Winschertkopfs liegen nicht vor. Doch die Geschichten kursieren seit Jahrzehnten – oft leise erzählt, fast beiläufig. Sie gehören zur Kategorie der Erzählungen, die nicht nach Bestätigung verlangen, sondern sich durch Wiederholung verankern.
Eine natürliche Erklärung?
Der Sandstein, aus dem der Winschertkopf besteht, ist stark verwittert. Zwischen den Platten und Kanten entstehen bei starkem Wind möglicherweise Resonanzen oder Luftströmungen, die Geräusche erzeugen können – ähnlich dem Ton, den man hört, wenn Wind durch eine Röhre oder einen Spalt streicht. Denkbar ist also, dass das „Schreien des Felsens“ ein physikalisches Phänomen ist, das nur unter bestimmten Bedingungen auftritt.
Aber wie bei vielen dieser Geschichten ist gerade die Mischung aus Naturbeobachtung und Erzähltradition das Entscheidende. Der Ton ist kein Spuk im klassischen Sinn – sondern eher ein Signal. Ein Hinweis, dass selbst Felsen nicht immer stumm sind.
Heute ein stiller Ort
Heute ist der Winschertkopf ein beliebter Aussichtspunkt, erreichbar über gut ausgebaute Wanderwege. Informationstafeln erzählen von Geologie, Flora und Fauna – nicht aber von dem, was früher über den Felsen gesagt wurde. Vielleicht, weil es sich um mehr handelt als um Fakten. Vielleicht, weil man manche Dinge lieber hört als liest.
Titelfoto: User Steffen 962, zur Verfügung gestellt unter Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International
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