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- Kolumne von Manfred Vogel
Meine Zeit steht in deinen Händen
In meiner Küche hängt eine Uhr. So ein einfaches Ding mit Zifferblatt, Batteriebetrieb und Funksteuerung der Zeit. So wie man sie im Discounter oder Billigkaufhaus kriegt. Nichts Besonderes, aber sie tut seit ca. 20 Jahren ihren Dienst, nur ab und an muss eine neue Batterie rein. Aber mit der letzten Uhrumstellung an Ostern hat sie ihr Eigenleben entwickelt. Statt eine Stunde vor von MEZ auf Sommerzeit ist sie zwei Stunden vor, läuft also voraus. Ich habe die Batterie raus und rein; eine neue eingesetzt; von Hand gestellt – keine Chance. Stur und unbeirrt läuft sie falsch. Oder aus ihrer Sicht: sie hat ihre eigene Zeit. Immerhin die Normalzeit von Moskau, Ankara und Riad. Kommt auf Ort und Betrachter an?
Nun, die anderen Uhren im Haus laufen richtig. Sie kann mich also nicht foppen. Aus Gewohnheit lasse ich sie hängen. Vielleicht kommt sie zur nächsten Uhrumstellung im Herbst wieder zurück. Sie kann also nicht „meine Zeit“ bestimmen. Allzu oft bestimmen die Uhren unsere Zeit. Klar, Termine stehen an, Arbeitszeit, Freizeit, Ladenöffnungszeiten. Liebe Menschen würde ich verpassen, wenn unsere Verabredungen in verschiedenen „Zeitwelten“ wären. Aber die Uhren bestimmen doch unseren Rhythmus. Wer hat meine Zeit in Händen?
Da fällt mir ein Bibelvers ein aus Psalm 31, 16: „Meine Zeit steht in deinen Händen“
Der Vers wird oft zitiert, ist jedoch aus dem Zusammenhang gerissen. Der Psalmbeter ist jemand in großer Not. Er fühlt sich von Feinden bedroht und bittet Gott um Hilfe. So übel geht es mir und Ihnen hoffentlich nicht. Die Hoffnung des Psalmbeters gilt aber auch für mich: Meine Zeit steht in Gottes Händen. Es gibt Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Gutes wie Schlechtes. Und ich bin oft genug nicht Herr über meine Zeit. Aber ich kann mir immer wieder Zeit nehmen für schöne Dinge. Und ich merke bzw. muss mich immer wieder daran erinnern lassen: Nein, meine Zeit wird nicht nur diktiert von anderen Menschen, von „Sachzwängen“ und Abläufen. Auch nicht von Uhren. Die erinnern mich „nur“ an Termine. Allein selbstbestimmt kann meine Zeit aber auch nicht sein. Das würde schief gehen und vor allem das Miteinander stören. Aber meine Zeit, meine Gegenwart und Zukunft in Gottes Hand legen. Das tut mir gut.
Und meine Küchenuhr mit ihrer eigenen Zeit? Ich lasse sie mal. Im Herbst werde ich sehen, in welche Zeitzone sie mich dann locken will.