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Als die Stadt in Trümmern lag
von Julia Schepp80 Jahre danach: Die Stadtführung zum Luftangriff auf Pirmasens
Es ist der Nachmittag des 15. März, als sich eine Gruppe Interessierter im Alten Rathaus von Pirmasens versammelt. Stadtführer Michael Gaubatz, bekannt für seine Westwallführungen, führt die Teilnehmer durch die Ereignisse rund um die Bombardierung der Stadt vor 80 Jahren.
Die Bombardierung – Zahlen und Hintergründe
Die Führung beginnt im Untergeschoss des Alten Rathauses, wo das Stadtmuseum mit einer Sonderausstellung an die Zerstörung von Pirmasens erinnert. Gaubatz beschreibt die erschütternden Fakten:
„Am 15. März 1945, zwischen 13:00 Uhr und 14:42 Uhr, wurden 946 Sprengbomben, 711 Brandbomben und 332 Splitterbomben auf Pirmasens abgeworfen.“ Die Innenstadt wurde zu über 90% zerstört, „das Zentrum wird in Schutt und Asche gelegt“. Pirmasens war nach Zweibrücken die am stärksten zerstörte Stadt in Rheinland-Pfalz und deutschlandweit die achtmeistzerstörte Stadt.
Der 15. März war nur der Höhepunkt. Seit dem 9. August 1944 war die Stadt immer wieder Ziel von Bombenangriffen, insgesamt über 20 Mal. „Fast täglich waren Tiefflieger über Pirmasens unterwegs“, berichtet Gaubatz.

Flucht und Überleben
Glücklicherweise waren viele Einwohner evakuiert worden. Von den rund 48.800 Menschen, die vor dem Krieg in Pirmasens lebten, befanden sich zum Zeitpunkt der Angriffe nur noch 10.000 in der Stadt. Dennoch starben 583 Menschen durch die Bombardierungen, darunter 138 Zivilpersonen und 182 Soldaten allein am 15. März. Viele Soldaten wurden beim Angriff auf die Kaiserschule getötet, die von 6000-Pfund-Bomben getroffen wurde.
Zeitzeugen berichten, dass sich viele Menschen im Wald in selbst gegrabenen Bunkern unter Felsen versteckten. „Die Stadt ist tot.“ ist das ernüchternde Fazit eines Zeitzeugen nach dem 15. März. In den Tagen nach dem Angriff suchten die Überlebenden nach Vermissten, bargen Leichen, während weiterhin einzelne Bomben fielen.
Der Wiederaufbau beginnt
Am 26. März 1945 war für die Pfalz der Krieg mit dem Abzug der letzten deutschen Soldaten faktisch zu Ende. Von den ursprünglich 4977 Gebäuden in Pirmasens waren nach dem Krieg nur noch 2470 erhalten. Auch die Anzahl der Wohnungen sank von 13.750 auf 6390. Doch bereits 1955 gab es wieder 13.797 Wohnungen und 5105 Gebäude.
410.000 Kubikmeter Trümmer mussten beseitigt werden – 8,3 Kubikmeter pro Einwohner. Ein Zuschauer fragt erstaunt: „Wie konnte der Wiederaufbau so schnell gelingen?“ Die Antwort: Den Pirmasensern blieb keine andere Wahl. „Die Arbeiten mussten gemacht werden, um zu überleben“ erklärt Gaubatz. Entscheidend dabei war die Wiederanbindung des Eisenbahnnetzes, um die Grundversorgung zu sichern.

Ein Rundgang durch die Stadtgeschichte
Die Gruppe verlässt das Museum und macht sich auf den Weg durch die Innenstadt. Erste Station: der Schlossplatz, einst das lebendige Zentrum der Stadt, durchzogen von einer Straßenbahn. Hier befanden sich das berühmte Café Luitpold und das Kaufhaus Schmelze. Heute hat sich das Stadtbild verändert, doch die Geschichte dieser Orte bleibt lebendig.
Weitere Stationen sind die Kirche St. Anton, in der trotz der Zerstörung weiterhin Gottesdienste unter freiem Himmel stattfanden, sowie die Wittelsbachschule, die als einzige Schule den Krieg nahezu unbeschadet überstand. Über das Nardinihaus wird ein Zeitzeugenbericht verlesen. Eine Pfarrerhelferin der gegenüberliegenden Pfarrkirche St. Pirmin erinnert sich: „Auch nach 40 Jahren kann ich sagen, dass der 15. März 1945 der schrecklichste Tag in meinem Leben war.“ Ihre Schwester starb mit nur 25 Jahren unter den Trümmern.
An der Exerzierplatzschule zeigt Gaubatz Bilder von der Zerstörung des rechten Flügels und die Johanneskirche selbst macht sichtbar, welche Teile nach dem Krieg wiederaufgebaut wurden und welche noch aus der Vorkriegszeit stammen.

Erinnerung bewahren
Zum Abschluss verweist das Stadtarchiv auf einen Vortrag am 22. März mit dem Titel „Verwischte Spuren“. Wer mehr über die Bombardierung und ihre Folgen erfahren möchte, hat hier die Gelegenheit.
Die Führung endet – die Bilder der zerstörten Stadt und die Berichte der Zeitzeugen bleiben in den Gedanken der Teilnehmer zurück. Die Geschichte von Pirmasens lebt weiter – 80 Jahre nach dem verheerenden Angriff.
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