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Dach-Kantine und Süßigkeiten aus der Heimat
von Andreas Petry • Titelfoto: Andreas PetryDas Kenia-Tagebuch von psst! Pirmasenser Storys
Pirmasenser Storys in Afrika: Der Vorsitzende des Pirmasenser Vereins PS:4Kenia e.V., Andreas Petry, ist mit einer Ärztegruppe und Helfern des Vereins derzeit in Juja/Kenia. Das elfköpfige Team zirkumzisiert dort Slumkinder im St. John’s Hospital. Er schreibt für uns in einem Tagebuch die Erlebnisse während der spannenden Hilfsmission in dem ostafrikanischen Land auf.
Sasa aus dem St. John’s Hospital in Juja. Sasa ist Swahili und ein salopper Gruß in Kenia. Oftmals folgt die Frage: „Wie geht es dir?“: „Habari Yako?“ Lautet die Antwort „Nzuri“, dann geht’s auch gut. So wie den elf kleinen Patienten, die gestern im Theatre operiert wurden. Vom OP aus kommen die Patienten direkt in den Aufwachraum, in dem der Pirmasenser Helfer Michael Haase und Krankenpfleger Joseph Kanyi auf die Kinder aufpassen.
Während Haase noch relativ aufgeregt die Jungs beobachtet, ist der 53-jährige Kenianer entspannt. Kein Wunder: Joseph gehört schon seit 2013 zu unserem Team und unterstützte uns bei all unseren Einsätzen in der medizinischen Station in Buru Buru immer großartig. Auch in die Vorbereitungen in diesem Jahr war Joseph involviert. Logisch, dass er auch zwei Stunden Fahrzeit mit dem Matatu, den privaten unersetzlichen Kleinbussen, mit denen man in Kenia von A nach B kommt, auf sich nimmt, um wieder Teil unseres Projekts zu sein.
Genauso strahlt uns William Loboi jeden Morgen an. Der 28-jährige kam mit einem Jahr nach Juja, als seine Familie vor dem Bürgerkrieg im Südsudan flüchtete. Er lebte zunächst bei seinem Vater, bevor er mit fünf ins Emmanuel-Center, ein Waisenhaus, zog. Das wurde von der mittlerweile verstorbenen Ordensschwester Luise Radlmeier über Jahrzehnte hinweg geführt. Dort knüpfte unser Verein, auch dank der Neugierde des Pirmasenser Urologen Horst Brenneis, die ersten Kontakte mit Lothar Firlej, dem Leiter unseres Partnervereins Nguvu Edu Sport in Juja. Brenneis, der 2014 den Alexander-von-Lichtenberg-Preis für unser Projekt erhielt, wurde in einem TV-Bericht auf die bayrische Ordensschwester aufmerksam und entschied, sie in Juja zu besuchen.
Zu dem Zeitpunkt lebte auch William im Emmanuel-Center und wir hätten uns nie träumen lassen, dass er uns eines Tages als Krankenpfleger bei unserer Mission in der OP-Vorbereitung hilft. „Er ist sehr sorgfältig und nimmt uns viel Arbeit ab“, lobt Anästhesiechef Maik Albert den Südsudanesen, der momentan auf Arbeitssuche ist. In Deutschland wäre er eine gefragte Fachkraft…
Wenn sie auch keine medizinische Ausbildung haben, so stellt sich der hier lebenden Boniface Mwangi und Fredrick Owuor in den Dienst der guten Sache. Der studierte Bauingenieur und der Sportwissenschaftler stehen als Springer zur Verfügung und legen Hand an, wo es notwendig wird.
Und als ich gerade für diesen Text in die Tasten haue, kommt Mama Sheila in den Gemeinschaftsraum, in den ich mich einquartiert habe. Die 45-jährige alleinerziehende Mutter von vier Kindern umsorgt uns täglich nicht nur mit heißem Wasser, Milch, löslichem Kaffee und Zucker. Nein, Mama Sheila kocht auch für uns. Dies ist eine kleine Geste von Lothar Firlej, der sie für uns als Köchin engagiert hat und auch entsprechend entlohnt.
Um unsere kenianische Rooftop-Kantine beneiden uns sicher viele. Wir sitzen zum Mittagessen auf dem Dach des St. John’s Hospital – anderswo ist kein Platz für die ganze Gruppe. Während unter uns der Verkehr des Thika Highways, der einzigen Autobahn des Landes, vorbeirauscht, genießen wir das leckere Essen. Heute gab es Reis mit Ndengu (Mungobohnen), Kohlgemüse und als Nachtisch herrlich frische Wassermelonen. Mama Sheila wird vom 20-jährigen Geoffrey Nyamu unterstützt. Geoffrey kickt als Außenverteidiger im Team von Nguvu Edu Sport und wird von Lothar Firlejs Verein unterstützt. Derzeit macht er in einem Hotel eine Ausbildung zum Koch.
Apropos Essen und Naschen: Wir sind ungemein glücklich darüber, dass wir von WAWI, der WASGAU AG und dem EDEKA Kissel SBK Pirmasens am Landauer Tor mit Süßigkeiten unterstützt wurden. Asante Sana – herzlichen Dank hierfür. Allerdings mussten wir heute schon ein bisschen Schmunzeln über das total vorbildlich soziale Verhalten der bereits operierten Patienten. „Total süß, aber absolut kontraproduktiv“, kommentierte Maik Albert. Das Naschwerk, dass die operierten Jungs zur besseren Genesung mitbekommen haben, wurde redlich mit den noch wartenden Patienten geteilt.
Nur – die dürfen doch vor ihren Operationen nichts essen. So wurden gestern eben die vorgezogen, die der süßen Versuchung widerstanden haben, die anderen musste dafür etwas länger warten.
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