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Das bisschen Haushalt…
von Thomas MüllerAlle Parteien stimmen zu – bis auf eine
Was hat Pirmasens dem Bundestag in Berlin voraus? Richtig, einen verabschiedeten Haushalt. So geschehen in der letzten Stadtratssitzung des Jahres 2024. Alle Parteien stimmten mehr oder weniger zähneknirschend zu, bis auf die AfD.
Mit fast 20 Millionen Euro ist Haushalt der Stadt im Minus (wir berichteten). Neben den immer weiter steigenden Sozialleistungen reißt aber auch die Grundsteuerreform ein fettes Loch in die Finanzen von Pirmasens. Die Einnahmen verringern sich um voraussichtlich 4,6 Millionen Euro. Auch ein Nachbessern aus Mainz ist für die Stadt nicht hilfreich. „Wir haben ermittelt, dass wir einen Hebesatz von rund 730 für die Wohngrundstücke und knapp 1.700 für Gewerbegrundstücke ausweisen müssten, um das gleiche Grundsteueraufkommen wie bisher zu erzielen“, sagt Oberbürgermeister Markus Zwick. Unzumutbar und auch wohl rechtlich fraglich.
Spitzen von Eyrisch gegenüber der Opposition
Auch die einzelnen Fraktionen im Rat äußern sich wie gewohnt zum Haushalt, die Redezeit wird einvernehmlich auf 15 Minuten pro Partei beschränkt. Eine, die das fast voll ausnutzt ist Stefanie Eyrisch von der CDU. Sie lässt vor allem kein gutes Haar an der Landesregierung. Kommunen wie Pirmasens würden eine immer größer werdende Last wie die Kosten für soziale Sicherung, Infrastruktur und Bildung tragen. Diese steigen kontinuierlich, während die Einnahmen nicht mit diesen Anforderungen Schritt halten. „Diese strukturellen Defizite sind nicht hausgemacht. Sie sind das Ergebnis einer jahrzehntelangen Unterfinanzierung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“, so die Fraktionsvorsitzende. Auch einen Seitenhieb gegen die Opposition kann sie sich nicht verkneifen. Bürgermeister Michael Maas hatte nämlich zu einer Haushaltskonsolidierungskommission geladen, zu der jede Partei Vertreter hätte entsenden können. „Dass ausgerechnet von den beiden größeren Oppositionsparteien, namentlich der AfD und der SPD, kein Vertreter in dem Ausschuss war, kann nun jeder selbst für sich bewerten“, so Eyrisch.
Eyrisch appelliert auch an die Verantwortung der Ratsmitglieder gegenüber der Stadt. „Wenn wir den Haushalt ablehnen, entscheiden morgen nicht mehr wir Pirmasenser, wie es mit unserer Stadt weitergeht. Dann ist die ADD am Ruder und entscheidet, welche Projekte in unserer Stadt umgesetzt, welche Schwerpunkte gesetzt werden und in welchem Maße unsere Bürgerinnen und Bürger hier zur Kasse gebeten werden sollen.“
Stadtsherriff und der OB als Lügner
Das nimmt SPD-Sprecher Sebastian Tilly zum Anlass, um zu überraschen: „Entgegen der Haltung in der Vergangenheit, werden wir als SPD-Fraktion dem Haushaltsentwurf zustimmen.“ Seine Rede ist geprägt von sportlichen Metaphern. Akut abstiegsgefährdet bezeichnet er den Bereich Kultur und fordert den zuständigen Dezernenten Denis Clauer auf, die Probleme in den Griff zu kriegen und Konsequenzen zu ziehen. Den bezeichnet er beim Thema Sicherheit auch als „selbsternannten Stadtsherriff“.
Sein Fett weg bekommt auch der OB selbst, dem Tilly sogar der Lüge bezeichnet. Es geht dabei um die Calisthenics-Anlage auf der Husterhöhe. Während der OB die als Idee eines städtischen Mitarbeiters verkauft habe, erinnert Tilly daran, dass auch Impulse von der SPD und Jugendstadtrat kamen. Die Zustimmung zum Haushalt bezeichnet Tilly als Vertrauensvorschuss gegenüber der Koalition.
Das tut auch der Grüne Luis Wittmer. Bei seiner ersten Haushaltsrede wirkt er fast schon routiniert, sagt aber nichts Überraschendes. Seine Partei stimmt dem Haushalt zu, allerdings mit einem Zusatz: „Wir werden die einzelnen Maßnahmen in den kommenden Sitzungen genau auf den Prüfstand stellen.“
Einen großen Bogen spannt der letzte verbliebende FDPler im Stadtrat, Steven Wink. Er sitzt nämlich auch im Landtag in Mainz und will dort weiter für die Belange von Pirmasens und der Region kämpfen. Vor allem beim Thema B10, was ihm den Applaus der Koalitionspartner sichert. „Wir müssen es schaffen unser Image zu verbessern und die Lebensqualität der Menschen weiter zu stärken“, fasst Wink zusammen.
Märchen aus 1001 Nacht
Grundsätzliche Ablehnung bringt erwartungsgemäß die AfD gegenüber dem Haushalt auf. Sprecherin Barbara Deutschmann spricht bei der Gewerbesteuer gar von Märchen aus 1001 Nacht, die anderen Parteien bezeichnet sie als „Kartell“ und sie wirft den Verantwortlichen auch „Fantasiebuchungen“ im Haushalt vor. Was auffällt: Lösungen, wie es die AfD anders machen würde, fehlen komplett. Die ganze Rede ist eigentlich nur ein Dagegen. Deshalb lehnt die Partei auch mit allen acht anwesenden Mitgliedern den Haushalt ab.
Kurz und prägnant bringt es erwartungsgemäß Jochen Knerr vom Freien Wähler Block (FWB) auf den Punkt. Die Stadt hat keine finanziellen Spielräume und steht nach wie vor vor großen Herausforderungen. Als Mitglied der Rathaus-Koalition stimmt natürlich aber auch der FWB dem Haushalt zu.
Und als Einziger nutzt Knerr seine Redezeit, um den Anwesenden frohe Weihnachten zu wünschen.
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