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Ein Kunstwerk für die Sinne in der Landgraf-Ludwig-Realschule
von Julia ScheppIn der Landgraf-Ludwig-Realschule in Pirmasens entsteht derzeit ein außergewöhnliches Kunstprojekt. Unter dem Titel „Nest – Ordinatio V“ gestaltet die Mainzer Künstlerin Katja Theinkom das Vestibül des Schulgebäudes neu – nicht mit einem einzelnen Objekt, sondern mit einer raumgreifenden Installation, die Architektur, Licht und Bewegung miteinander in Beziehung setzt.
Theinkom hatte sich im Rahmen eines zweistufigen Wettbewerbs durchgesetzt, an dem sich 71 Künstlerinnen und Künstler beteiligten. Ihr Entwurf überzeugte die Jury nicht nur durch seine technische Präzision, sondern vor allem durch seine emotionale Tiefe, seine Wirkung über den Raum hinaus und seine Verbindung zur Nutzung des Gebäudes. „Ich wollte nicht nur ein Kunstwerk schaffen, sondern ein Erlebnis“, sagt die 56-Jährige beim Pressetermin.
Die Idee: strukturierte Dynamik im Fluss
Im Zentrum ihres Konzepts steht die Idee einer „strukturierten Dynamik“: Der Raum soll in Bewegung geraten – durch Farbe, Licht, Perspektive. „Als ich diesen Raum das erste Mal betreten habe, war er leer, neutral, fast kalt“, erinnert sich die Künstlerin. „Aber ich habe sofort das Potenzial gespürt. Die Bögen, das Licht, die Perspektiven – das wollte ich aufgreifen.“
Ihr Entwurf sieht vor, den Flur in einen atmosphärischen Farbraum zu verwandeln: mit breiten Farbstreifen, die sich in Ritualisierung durch den Raum ziehen – beginnend als Fragment am Eingang, zunehmend dichter werdend bis hin zu einem verdichteten Bereich am Ende des Flurs: dem „Nest“.

Das Nest als emotionales Zentrum
„Das Nest ist für mich ein Sinnbild“, erklärt Theinkom. „Ein Ort des Schutzes, aber auch ein Ort des Aufbruchs.“ Der hintere Bereich des Flurs, der bisher kaum genutzt wurde, wird so zum emotionalen Zentrum der Installation. In diesem „Knotenpunkt“, wie sie ihn nennt, überlagern sich Farbe, Licht und Raumwirkung.
„Ich hätte das Nest natürlich auch ganz ans Ende setzen können, ganz geschützt. Aber ich wollte es sichtbar machen – als Zeichen von Offenheit. Es soll die Schüler begleiten – auf dem Weg hinein und auf dem Weg hinaus.“
Licht, Schatten und Perspektive
Ein wesentliches Element des Werks ist das Spiel mit Licht und Schatten. Die farbigen Aluminiumrohre – montiert in der oberen Raumhälfte – erzeugen je nach Tageszeit wechselnde Schattenwürfe. Von der Empore aus, die in den Raum hineinragt, ergeben sich neue Blickachsen, ebenso vom Eingangsbereich oder sogar von der Straße aus – durch das große, runde Fenster.
„Ich bespiele den Raum als Ganzes“, betont Theinkom. „Nicht nur eine Wand oder eine Fläche. Ich will, dass sich der gesamte Raum verändert, dass er sich je nach Standpunkt anders anfühlt.“ Auch die Architektur wird zum Teil der Arbeit: Wandvorsprünge, Deckenabsätze und sogar funktionale Elemente wie Spinde und Sitzbank werden bewusst integriert statt verdeckt. „Diese Dinge gehören zum Raum – und damit auch zur Gestaltung.“
Geplant ist außerdem ein kurzer Text in weißer Schrift auf einer grau gestrichenen Wandfläche. Die Schrift wird nur im richtigen Licht sichtbar sein – als flüchtiger Gedanke im Vorbeigehen.

Teil eines modernen Bildungsstandorts mit Nachhaltigkeit
Das Kunstwerk entsteht im Rahmen der Generalsanierung der Landgraf-Ludwig-Realschule, bei der die Stadt Pirmasens – mit finanzieller Unterstützung von Bund und Land – seit 2018 rund 17,3 Millionen Euro investiert hat. Zwei denkmalgeschützte Gebäude aus den Jahren 1900 und 1905 wurden baulich verbunden und zu einem zukunftsfähigen Schulstandort entwickelt.
Kunst im öffentlichen Raum: mehr als Dekoration
Beim Pressetermin betont Bürgermeister Michael Maas die Bedeutung solcher Projekte: „Kunst im öffentlichen Raum ist kein Luxus, sondern Ausdruck von Haltung. Sie zeigt, dass wir den Menschen in unseren Gebäuden etwas zutrauen – dass sie sich auf etwas einlassen dürfen.“
Auch Tina Müller-Einfalt, die das Projekt als Bauleiterin im Hochbauamt betreut, ist überzeugt: „Das hier ist ein mutiger Entwurf – aber genau das brauchen Schulen heute. Es geht um Identifikation, um Atmosphäre, um Erleben.“

Die Künstlerin: Katja Theinkom
Katja Theinkom wurde 1968 in Aachen geboren und lebt seit 2001 als freischaffende Künstlerin in Mainz. Sie studierte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Freie Bildende Kunst bei Prof. Ansgar Nierhoff, einem der bekanntesten deutschen Stahlbildhauer, und schloss mit Diplom ab.
Zwischen 2005 und 2008 war sie Vorstandsmitglied im Berufsverband Bildender Künstler Rheinland-Pfalz. Theinkom realisierte zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte, unter anderem am Finanzamt Kaiserslautern und an mehreren Mainzer Kitas. Für ihr künstlerisches Schaffen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem im Rahmen der Messe „Kunst direkt“.
„Nest – Ordinatio V“ ist bereits ihr fünftes Kunst-am-Bau-Projekt – doch sie betont: „Jeder Raum ist neu. Ich spüre bei jedem Projekt wieder, was er braucht. Und das hier – das war einer dieser Räume, die sofort mit mir sprechen.“
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