Beitrag
Alle guten Dinge sind drei auf dem Motorrad. Auf Kenias Straßen ist das keine Seltenheit. Foto: Petry

Ganz normale Dreier-Motorrad-Taxis

von Andreas Petry • Titelfoto: Andreas Petry

Das Kenia-Tagebuch von psst! Pirmasenser Storys

Pirmasenser Storys in Afrika: Der Vorsitzende des Pirmasenser Vereins PS:4Kenia e.V., Andreas Petry, ist mit einer Ärztegruppe und Helfern des Vereins derzeit in Juja/Kenia. Das elfköpfige Team zirkumzisiert dort Slumkinder im St. John’s Hospital. Er schreibt für uns in einem Tagebuch die Erlebnisse während der spannenden Hilfsmission in dem ostafrikanischen Land auf.

Wer hat an der Uhr gedreht? Damit meine ich nicht die für uns Mitteleuropäer erträgliche Zeitumstellung. In Kenia sind wir gegenüber der pfälzischen Heimat zwei Stunden voraus. Was hier ein wenig an Deutschland erinnert, ist die Tatsache, dass es schon recht früh dunkel wird. Gegen 18:30 Uhr bricht relativ schnell die Nacht herein. Während in drei Wochen allerdings die Tage peu à peu wieder länger werden, ändert sich dies in Kenia nicht. Die Sonne geht gegen halb sieben am Morgen auf und verabschiedet sich mit einem manchmal tollen Sonnenuntergang um halb sieben am Abend in die Nacht – 365 Tage, jahrein, jahraus. Kenia gehört zu einem der 13 Länder, die direkt am Äquator liegen und somit sowohl zur Nord- als auch zur Südhalbkugel der Erde gehört.

Der Chirurg Steffen Nirmaier und Anästhesist Maik Albert arbeiten erstmals zusammen. Hier bei der Vorbesprechung für die OP‘s. Foto: Petry
Der Chirurg Steffen Nirmaier und Anästhesist Maik Albert arbeiten erstmals zusammen. Hier bei der Vorbesprechung für die OP‘s. Foto: Petry

Zurück zur Eingangsfrage: Wir haben gestern bereits die Woche geteilt. Unglaublich! Am Samstag sind wir gelandet und übermorgen geht es für die Ärzte bereits in Richtung Heimat zurück. Die Operationen bei den Kindern laufen perfekt. „Das neue Team harmoniert sehr gut. Die Zusammenarbeit im OP ist supergut“, lobt Chirurg Steffen Nirmaier das optimale Miteinander. Er kann es nicht fassen, wie schnell die Abläufe optimiert werden konnten. „Dass wir auf Anhieb so viele Operationen durchführen können, damit habe ich im Vorfeld nicht gerechnet“, lautet seine Zwischenbilanz.

So wurden auch gestern wieder elf Jungs mit herrlichen Namen wie Zackaria, Maxwell, Roy, Abraham, Nicodemus oder Angelo bis zum Abend operiert. Die Kids kommen alle aus den Slumgebieten von Juja-Gachororo. Einige gehören zu Lothar Firlejs Kids, denen er über unseren Partnerverein NGUVU Edu Sport e.V. nicht nur über sportliche Aktivitäten eine soziale Betreuung ermöglicht. Der gebürtige Delbrücker (Kreis Paderborn), der mit seinem Projekt in Kenia dieses Jahr zehnjähriges Jubiläum in seiner Heimatstadt feierte, unterstützt viele Familien mit Essen, bei der Miete, bezahlt Schulgeld – und hat sich auch für den Standort Juja für unser Projekt stark gemacht.

Der Innenhof des St. Johns Hospital. Unten sitzen unsere kleinen Patienten, die im Obergeschoss operiert werden. Foto: Petry
Der Innenhof des St. Johns Hospital. Unten sitzen unsere kleinen Patienten, die im Obergeschoss operiert werden. Foto: Petry

Alle Kinder sind durch den hiesigen Community Health Worker (einen auf Gesundheitsthemen spezialisierten ehrenamtlichen Streetworker) Joseph Kirimi ausgesucht worden. Im Hauptberuf kutschiert er mit seinem Motorradtaxi Kunden durch die Straßen Jujas. Ab 100 Kenia-Schilling kostet die Kurzstrecke. Was für die hiesige Bevölkerung ganz normal ist, wird für uns, die schon mehrfach auch zu dritt auf den Motorrädern – oft sieht man 250er Honda – gesessen haben, zu einem echten Abenteuer. Der Verkehr ist nicht mit Deutschland zu vergleichen – das wildeste und höchste Karussell auf dem Jahrmarkt mutiert dagegen zur harmlosen Reitschule.

Evi Haase, Joseph Kirimi und Ulla Petry-Zimmermann umsorgen die Jungs vor der OP. Foto: Petry
Evi Haase, Joseph Kirimi und Ulla Petry-Zimmermann umsorgen die Jungs vor der OP. Foto: Petry

Ob Kirimi uns bei der Vorbereitung auf die OP’s heute zur Seite stehen kann, war bis gestern noch unklar. Der 36-Jährige, den hier jeder nur Kabuda nennt, lag über eine Woche im Krankenhaus in Thika. Erst wurde er aufgrund seiner Symptome auf Malaria behandelt. Mittlerweile hat sich herauskristallisiert, dass es sich wohl um eine Diabetes-Erkrankung handelt. Eigentlich sollte er schon am Montag aus dem Krankenhaus entlassen werden. Da aber die Versicherung noch nicht gezahlt hatte, wurde er sozusagen als Pfand behalten und konnte die medizinische Einrichtung erst am Dienstag verlassen. In Deutschland läuft es da eher umgekehrt.


Du willst mehr News aus Pirmasens? Abonniere jetzt kostenlos den Newsletter und erhalte die neusten Nachrichten aus der Stadt bequem ins Mail-Postfach. Einfach hier klicken: