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Gold, Handwerk und Herzblut – Ein Besuch bei der Goldschmiede Mendorf in Pirmasens

von Julia Schepp

Seit über 120 Jahren wird in der Goldschmiede Mendorf nicht nur Schmuck gefertigt, sondern Werte bewahrt – im doppelten Sinne.

Wenn man das Geschäft von Jürgen Mendorf in der Pirmasenser Innenstadt betritt, spürt man sofort: Hier ist nichts beliebig. Die Vitrinen zeigen keine Massenware, sondern handgearbeitete Einzelstücke. An den Wänden hängen Zeichnungen, Werkzeuge und Erinnerungen an eine Zeit, in der jedes Schmuckstück noch von Hand geschaffen wurde. Und mittendrin steht Jürgen Mendorf – Goldschmied in vierter Generation, ein Mann mit klarer Haltung, viel Erfahrung und großer Leidenschaft für sein Handwerk.

Eine der Vitrinen mit einer Vielzahl an Uhren und selbst hergestelltem Schmuck. Foto: Schepp

Eine Tradition seit 1904

Die Geschichte der Goldschmiede Mendorf reicht bis ins Jahr 1904 zurück. Damals gründete Paul Mendorf das Geschäft in Pirmasens. Sein Sohn Fritz, ein ausgebildeter Goldschmiede- und Graveurmeister, führte es ab 1921 weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Manfred Mendorf. Seit 2001 trägt Jürgen Mendorf die Verantwortung – und setzt dabei auf das, was das Handwerk schon immer ausgezeichnet hat: Qualität, Zeit und ein feines Gespür für Materialien und Menschen.

„Ich habe mit neun Jahren meine ersten Kettchen geöffnet und mein erstes Taschengeld verdient“, erzählt Mendorf. „Seither hat sich viel verändert – aber das Herzstück unseres Berufs ist geblieben: echte Handarbeit.“

Bilder von von Mendorf hergestellten Broschen. Foto: Schepp

Viel mehr als nur Schmuck

Was viele nicht wissen: Der Beruf des Goldschmieds ist vielseitiger, als es auf den ersten Blick scheint. In der Goldschmiede Mendorf werden nicht nur Schmuckstücke entworfen und gefertigt, sondern auch alte Erbstücke restauriert, Uhrenbänder gekürzt, Trauringe umgearbeitet oder komplette Schätzungen für Notare und Versicherungen erstellt. Selbst Ohrlochstechen, das Polieren antiker Silberkorpuswaren oder das Entfernen allergener Metalle aus Modeschmuck gehören zum täglichen Geschäft.

„Ich sehe mich nicht als Verkäufer, sondern als Berater, Handwerker, manchmal sogar als Problemlöser“, sagt Mendorf. Besonders bei Erbstücken ist Fingerspitzengefühl gefragt: „Wenn jemand mit einem Schmuckstück seiner Großmutter kommt, geht es oft nicht nur um den Materialwert, sondern um Erinnerungen.“

Auch das Aufarbeiten alter Schmuckstücke ist eine Spezialität des Hauses. Steine werden neu gefasst, Ringe in der Weite angepasst, Perlenketten neu geknüpft. Alles geschieht mit ruhiger Hand und einem tiefen Verständnis für das Material.

Herausforderungen eines alten Handwerks

So traditionsreich das Handwerk ist, so spürbar sind die Herausforderungen. „Die Jugend will schnelle Ergebnisse, schnelle Mode – aber unser Beruf braucht Zeit, Geduld und Können“, so Mendorf. Immer seltener kämen junge Leute, die echtes Interesse an einer Ausbildung zeigten. Und selbst Kunden verstünden oft nicht mehr, wie viel Arbeit in einem Stück steckt.

Bilder von von Mendorf angefertigten Ketten und Anhängern. Foto: Schepp

„Wenn jemand glaubt, ein Ring mit echtem Stein für 20 Euro sei realistisch, dann muss ich leider aufklären. Das ist kein böser Wille, das ist oft schlicht Unwissen.“ Manche Kunden kommen mit Schmuckstücken aus Fernost, die gesundheitliche Probleme verursachen. Dann beginnt Mendorf mit seiner Aufklärungsarbeit – ruhig, aber bestimmt: „Es gibt nur echt oder unecht. Dazwischen gibt es nichts.“

Auch die Preisvorstellungen klaffen oft auseinander. „Natürlich gibt es günstigeren Schmuck. Aber er hat oft keine Seele – und manchmal nicht einmal Bestand. Wer billig kauft, kauft zweimal.“

Zwischen Werkstatt und Wertebewusstsein

Der Werkstattbereich, in dem gefräst, geschliffen, poliert und montiert wird, ist das Herzstück der Goldschmiede. Hier entstehen nicht nur Schmuckstücke, sondern auch Verbindungen – zwischen Tradition und Moderne, zwischen Kundenerwartung und handwerklichem Anspruch. Mendorf arbeitet regelmäßig mit recycelten Metallen und legt Wert auf Nachhaltigkeit.

„Ich habe meine Materialien zertifizieren lassen. Mein Gold ist fast vollständig recycelt – das ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ein Statement gegen die Wegwerfmentalität.“ Damit hebt sich der Betrieb deutlich von vielen Modeketten ab. Selbst handgeformte Opale, individuelle Ginkgo-Blätter als Anhänger oder restaurierte, historisch bedeutsame Einzelstücke gehören zu seinem Repertoire. Viele dieser Stücke sieht man so kein zweites Mal.

Kette mit handgeformten Opal in Goldfassung. Foto: Schepp

Ein Beruf mit Seele – und ungewisser Zukunft

Ob es diesen Beruf in Zukunft noch geben wird? Jürgen Mendorf ist da realistisch, aber nicht hoffnungslos. „Wir Goldschmiede werden seltener – vor allem in kleinen Städten. Aber es wird uns geben, solange es Menschen gibt, die Qualität, Echtheit und Individualität zu schätzen wissen.“

Für ihn ist seine Arbeit mehr als Broterwerb – sie ist Berufung. „Wenn ich gesund bleibe, arbeite ich weiter. Nicht wegen des Geldes, sondern weil ich sonst etwas vermissen würde. Das hier ist mein Leben.“ Und so verlässt man die Goldschmiede Mendorf mit dem Gefühl, nicht nur einen Laden, sondern ein Stück Kultur betreten zu haben. Ein Ort, an dem Zeit noch Wert hat – und Wert nicht immer mit Geld zu tun haben muss.


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