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Hugo Ball

Hugo Ball – Ein Pirmasenser, der die Kunst revolutionierte

von Julia Schepp

Wer an Pirmasens denkt, dem kommen oft zuerst die Begriffe „Schuhstadt“ oder „Westpfalz“ in den Sinn. Doch weit über die Grenzen der Region hinaus hat ein Mann diese Stadt auf die kulturelle Landkarte Europas gebracht: Hugo Ball. Der Mitbegründer des Dadaismus gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der europäischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts – und stammt aus dem Herzen Pirmasens.

Kindheit und Jugend in Pirmasens

Geboren wurde Hugo Ball am 22. Februar 1886 in Pirmasens als Sohn eines Schuhfabrikanten. In einer Stadt, die damals bereits stark von der Schuhindustrie geprägt war, wuchs Ball in einem bürgerlichen Milieu auf. Seine frühe Zeit in Pirmasens war von religiösem Denken, familiärer Strenge und einer tiefen Sehnsucht nach geistiger Freiheit geprägt – Elemente, die später immer wieder in seinem Werk auftauchten.

In Pirmasens besuchte er die Volksschule und das Gymnasium. Schon früh zeigte sich seine künstlerische Ader: Er interessierte sich für Literatur, Musik und Theater. Gleichzeitig empfand er eine gewisse Enge in der konservativen Provinz, die ihn schließlich zum Aufbruch trieb.

Der Weg zur Kunst – und zur Rebellion

Nach Stationen in München und Berlin, wo Ball unter anderem Philosophie und Germanistik studierte, wandte er sich verstärkt dem Theater zu. Als Dramaturg und Regisseur arbeitete er an verschiedenen Bühnen und entwickelte sich zu einem scharfen Kritiker des wilhelminischen Deutschlands und des aufkommenden Nationalismus.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs zerbrach sein Glaube an die Vernunft der westlichen Zivilisation endgültig. Er verweigerte den Kriegsdienst aus Gewissensgründen und emigrierte in die neutrale Schweiz – ein Schritt, der nicht nur sein Leben, sondern auch die Kunstgeschichte verändern sollte.

Die Geburt des Dadaismus

1916, mitten im Krieg, gründete Hugo Ball gemeinsam mit seiner Partnerin Emmy Hennings und anderen Künstlern das legendäre „Cabaret Voltaire“ in Zürich. Hier wurde der Dadaismus geboren. Dada war absichtlich sinnlos, provozierend und absurd – eine Art künstlerischer Aufschrei gegen eine Welt, die aus den Fugen geraten war. Man lehnte Logik, Vernunft und Ästhetik im klassischen Sinn ab und setzte stattdessen auf Zufall, Ironie, Unsinn, Lautsprache und Collage.

Ball war nicht nur organisatorischer Kopf, sondern auch künstlerisches Zentrum des frühen Dadaismus. Legendär ist seine Rezitation des Lautgedichts „Karawane“, in dem er in einem selbstgebastelten Kostüm aus Pappe und Stoffsilber sinnfreie Silben vortrug – ein Manifest der Absurdität, das bis heute als Meilenstein experimenteller Kunst gilt.

Rückzug und spirituelle Suche

Schon kurze Zeit später wandte sich Hugo Ball jedoch vom Dadaismus ab. Die zunehmend nihilistische Ausrichtung der Bewegung stieß ihn ab. Er zog sich ins Tessin zurück, wo er ein Leben in Einfachheit und spiritueller Einkehr suchte. Er konvertierte zum Katholizismus und schrieb bedeutende theologische und philosophische Werke, darunter die viel beachtete Biografie über den Kirchenvater Hermann-Josef von Steinfeld.

Hugo Ball in Pirmasens heute

Auch wenn Hugo Ball viele Jahre fernab seiner Heimatstadt lebte, hat Pirmasens seine Bedeutung erkannt. Wer sich heute in der Stadt auf die Spuren des Dadaisten begeben möchte, hat dazu einige spannende Möglichkeiten: Im Forum Alte Post befindet sich die Hugo-Ball-Kabinett-Ausstellung, ein fester Bestandteil der Dauerausstellung „Im Rückspiegel – Pirmasens und seine Persönlichkeiten“. Dort lassen sich originale Schriften, Fotos und Hintergründe zu seinem Leben entdecken.

Zudem erinnert die Hugo-Ball-Straße an den berühmten Sohn der Stadt. Auch in der Stadtbibliothek und im kulturellen Leben spielt Ball immer wieder eine Rolle – etwa bei Lesungen, Schulprojekten oder Gedenkveranstaltungen rund um seinen Geburtstag am 22. Februar. Außerdem wurde das Hugo-Ball-Gymnasium nach dem berühmten Dadaisten benannt. Die Schule wurde 1870 gegründet und erhielt 1983 ihren heutigen Namen, um Hugo Ball zu ehren.

Langfristig wünschen sich viele Pirmasenser Kulturschaffende eine noch stärkere Präsenz Balls im Stadtbild – etwa durch ein eigenes kleines Museum oder eine jährliche Veranstaltungsreihe im Geiste des Dada. Die kulturelle Basis dafür ist gelegt.

Ein Erbe, das weiterwirkt

Hugo Ball starb 1927 mit nur 41 Jahren im schweizerischen Sant’Abbondio. Doch sein Einfluss lebt weiter: Als Pionier der Performancekunst, als Wegbereiter der modernen Lyrik, als kompromissloser Denker hat er der Kunst des 20. Jahrhunderts neue Wege eröffnet.

Dass dieser radikale Erneuerer ausgerechnet aus Pirmasens stammt, ist eine Erinnerung daran, dass auch in kleinen Städten große Ideen geboren werden können. Und dass Pirmasens stolz sein darf auf einen Sohn, der mit Sprache, Form und Geist das Undenkbare wagte.


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