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„Je mehr Zuschauer, desto besser“
von Andreas Petry und Thomas MüllerSpitzenspiel FKP-FCK II mit Stadionsprecher Peter Edrich
Alles war angerichtet für ein Fußball-Fest in der Oberliga, Tabellenführer FK Pirmasens gegen den ewigen Südwest-Rivalen 1. FC Kaiserslautern. Doch der FKP erwischt einen rabenschwarzen Abend und verliert zum ersten Mal in der Saison mit 0:3 im heimischen Framas-Stadion. Wir haben das Spiel aus der Sprecher-Kabine verfolgt und uns rundherum umgehört.
Normalerweise ist Peter Edrich in der Schloßstraße bei „Strumpf Fischer“ oder in der Schloßgalerie bei „Hautnah“, anzutreffen. Seit 1994 ist der verheiratete 63-Jährige dort Geschäftsführer. Viele kennen ihn allerdings auch vom Fußball-Oberligisten FK Pirmasens. Dort informiert Edrich als Stadionsprecher seit Jahrzehnten die Zuschauer kompetent und witzig über die Ereignisse auf dem grünen Rasen des Framas Stadions. Wie auch beim Topspiel am Freitagabend gegen die U21 des 1. FC Kaiserslautern. Ist so eine Kulisse was besonderes für ihn? „Nein“ kommt es wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund. Edrich weiter: „Je mehr Zuschauer, desto besser.“
90 Minuten vor dem Spiel kommt er auf die Husterhöhe, wie immer. Dann startet sein ehrenamtlicher Arbeitstag als Stadionsprecher beim FKP. Die Wege sind nach über zehn Jahren am Mikrofon bei „der Klub“ immer die Gleichen. Erst geht’s zum Präsident Jürgen „Chick“ Kölsch, um sich die letzten Instruktionen zu holen, welche Durchsagen zusätzlich von Edrich gemacht werden müssen. „Diesmal habe ich vorab über unseren Whats App Kanal Instruktionen bekommen“, zeigt Edrich auf seinem Handy die Namen zahlreicher Vereine, die zum Top-Spiel gegen die U21 der Lautrer vom FKP eingeladen worden sind. Ansonsten ist natürlich vieles bei dieser langen Amtszeit für Edrich zur Routine geworden. Allerdings. „Ich lese mir vorher Informationen über den Gegner an“, erzählt er uns schon in der Sprecherkabine, die sich in dem Container vor dem Imbiss auf der rechten Seite der Tribüne befindet.
Dort ist Edrich, mit Ausnahme der Einstellung der Stadion-Toranzeige, das übernimmt sein Spezi Jürgen Scheib, für alles verantwortlich. Erstmal schaltet er die sechs Schalter der in die Jahre gekommenen Stadionanlage ein. Danach schließt Edrich sein Notebook am Mischpult an und wenn alle kleine Dioden leuchten, gibt’s den ersten Sprachtest. „Es funktioniert“, freut sich Edrich, wohlwissend, dass dies nicht immer so ist. Die zum Topspiel früh im Framas-Stadion eingetroffenen Fans werden durch die Stadionlautsprecher mit Musik unterhalten – bis die üblichen Durchsagen losgehen. „Vor der Saison darf jeder Spieler Musikwünsche äußern, die ich auf meine Playlist lade“, plaudert er aus dem Nähkästchen und verrät mit einem Schmunzeln. „Natürlich kann ich da nicht alle Songs davon spielen.“
Vor dem Stadion ist immer noch die Hölle los, immer mehr Fußball-Fans strömen auf die Husterhöhe. Vor dem Eingang der Haupttribüne treffen sich auch die Freunde Oliver Orth, Christian Hever und Erkan Güzelcan. Sie wünschen sich natürlich einen Sieg für die Heimmmannschaft. „Ich denke, der FKP gewinnt 2:0“, tippt Orth. Hever und Güzelcan sind sich sogar sicher, dass Pirmasens die Zweitvertretung des FCK mit 3:1 nach Hause schickt. „Wir hoffen auf jeden Fall auf ein gutes und packendes Fußballspiel“, sagt Hever.
Ebenfalls gerade am Stadion angekommen sind die ehemaligen FKP-Spieler Jens Schaufler und Sebastian Reich. Die beiden sind sich einig: „Es gibt ein gutes Spiel und am Ende ein 1:0 für den FKP“, sagt der einstige Kapitän Reich. Dann strömen sie mit der Masse ins Stadion-Innere.
Zurück in die Sprecherkabine: Ein Jingle hat sich bei den FKP-Anhängern schon seit langem eingeprägt. 20 Minuten vor dem Anpfiff läutet die Titelmusik des „Aktuellen Sportstudios“ das kurze Programm vor dem Match ein. Musiklautsprecher am Mischpult herunterregeln, Mikrofon hochregeln und los geht’s. Edrich begrüßt die Fans, natürlich wie immer besonders die der Gäste. Danach gibt es erneut Musik. Dann kommen die Mannschaftsaufstellungen. Erst die der Gäste, die bisweilen zum Zungenbrecher für den Stadionsprecher werden können. Danach liest er die mit viel Pathos die Formationen der Truppe von Daniel Paulus vor.
„Sind sie schon bereit“, blickt Edrich, der diesmal aufgrund der in Dreierreihen an der Bande zur Tribüne stehenden Fans ganz schlechte Sicht auf den unteren Stadionbereich besitzt. Das ist wichtig: denn zum Einlauf der beiden Teams muss passgenau das Lied von Ralf Maxstadts Gangsters „Hey FKP, mir wolle Tore“, durch die eher blechernen, schwer verständlichen Stadionlautsprecher dröhnen. Der Song feierte übrigens zum 100-jährigen FKP-Jubiläum 2003 Premiere.
Nach dem Anpfiff kehrt erst mal Ruhe ein. Kurz. FKP-Fan-Edrich bedauert, dass Tobias Jänicke nach nur zwei Minuten seine Topchance am Tor vorbeisemmelt. Statt FKP-Torjingle und Torjubel muss Edrich zehn Minuten später schweren Herzens den Lautsprecherregler wieder hochdrehen. „Tor für den 1. FC Kaiserslautern, Torschütze, der Spieler mit der Nummer 16, Angelos Stavridis“, lautet die mit wenig Begeisterung in der Stimme vorgetragene Ansage. Hier besteht noch Hoffnung, dass dies die letzte Torinfo für die Lautrer ist. Weit gefehlt. Weitere zweimal nennt der Stadionsprecher die FCK-Torschützen. Zur Pause stehts schon 2:0. Edrich. „Klar verdient. Die U21 des FCK gehört in die Regionalliga.“
Die Chronistenpflicht über die Zuschauerzahl fördert mal wieder zu Tage, wie schlecht es um das technische Handwerkszeug in der Sprecherkabine gestellt ist. Edrich setzt gerade an, die für Oberliga- und FKP-Verhältnisse bärenstarke Zuschauerzahl zu verkünden. Da streikt die Verbindung zwischen Mikrofon und Lautsprecher. Doch Edrich bleibt cool. Stecker rein, Stecker raus, und diesmal funktioniert es. „Wir bedanken uns bei 3500 zahlenden Zuschauern.“
Rund 15 Minuten später wird die Partie abgepfiffen. Doch Edrichs Arbeitstag ist noch nicht vorbei. Erst wird alles ausgestöpselt, eingepackt und die Anlage ausgeschaltet. Dann geht’s zum FKP-Treff. Dort moderiert er noch die Pressekonferenz. Was manchmal je nach Ergebnis zur heiklen Aufgabe werden kann, ist diesmal ein Kinderspiel. Zu klar waren die Verhältnisse auf dem grünen Rasen. Das wissen auch die gerade gegen den FCK manchmal vorlauten FKP-Fans. Edrich stellt die beiden Trainer vor, die geben ihre Statements ab. Danach stimmt der Stadionsprecher die großen Fangemeinde im „Klubtreff“ auf die nächsten Wochen ein. Erst das Heimspiel gegen den FC Karbach am kommenden Samstag. Und zwei Wochen später zum Spitzenspiel gegen den Konkurrenten für die Relegation, Schott Mainz. Jetzt gibt’s noch ein Bierchen und ein paar Gespräche. Erst dann endet Edrichs Arbeitstag an diesem Freitag.
Auch für die Fans ist die Partie beendet. Kurzes Fazit? „Der FKP MUSS mit seinen zwei hundertprozentigen Chancen zu Beginn das 1:0 machen“, sagt Christian Hever. Dann hätte das Spiel womöglich einen anderen Verlauf genommen. Nach der gelb-roten Karte und dem 0:3 war das Spiel gelaufen, hätte der FKP den Anschluss geschafft, wäre nochmal was drin gewesen. „Insgesamt war es aber ein schöner Fußballabend vor einer tollen Kulisse“, sagt Hever.
Mit dieser Meinung steht er sicher nicht alleine da. Vielleicht klappt es das nächste Mal ja auch mit einem Happy End und einem Sieg des FKP.
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