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Mo Asumang bei ihrem Vortrag in den Alten Post. Foto: Müller

„Nazis im Pulk anzusprechen hat keinen Sinn!“

von Thomas Müller • Titelfoto: Thomas Müller

Wie Mo Asumang mit Rassisten kommuniziert und umgeht

Kurz stockt einem der Atem. Irgendwo in Amerika steht Mo Asumang mitten in der Nacht in irgendeinem dunklen Feld, nur ein paar Scheinwerfer spenden Licht. Ihr Gegenüber ist ein Mann in weißem Gewand mit Kapuze, die auch sein Gesicht bedeckt. Doch der ist kein Gespenst, wie man es vermuten würde, sondern Mitglied des rassistischen Ku-Klux-Klans. Und Mo Asumang geht in den Dialog, stellt ihm Fragen. Bis der Mann irgendwann keine Antworten mehr weiß.

Es ist eine der Szenen aus Mo Asumangs Film „Die Arier“, der in der Alten Post gezeigt wird. Die Moderatorin und Filmemacherin hat ihn in Pirmasens in der Alten Post gezeigt und zum Vortrag und Diskussion zum Thema „Aktive Kommunikation gegen Rassismus“ geladen. Initiiert durch das Projekt „Demokratie leben”. Sie begrüßt die mehr als 100 Gäste, möchte aber zuerst den Film wirken lassen, den sie vor zehn Jahren gedreht hat. Es sind teilweise beklemmende Szenen, wie sie auf Nazi-Demos ist und angefeindet wird. Doch sie hat ein Mittel gefunden, mit dem Hass umzugehen. „Nazis im Pulk anzusprechen hat keinen Sinn, das habe ich gemerkt“, sagt sie. Vielmehr geht es darum, auf den Einzelnen zuzugehen, Fragen zu stellen und so in den Dialog zu kommen. „Wenn dein Gegenüber merkt, dass du ihn ernst nimmst, ist es sofort eine ganz andere Situation.“

Als kleines Gastgeschenk gab es unter anderem eine selbst gehäkelte EInkaufstasche, aber auch Wawi-Schokolade durfte nicht fehlen. Foto: Müller
Als kleines Gastgeschenk gab es unter anderem eine selbst gehäkelte EInkaufstasche, aber auch Wawi-Schokolade durfte nicht fehlen. Foto: Müller

Debatten und mit Fakten um sich werfen bringe nichts. Ein weiteres Beispiel aus dem Film: Chris, der schon mit neun Jahren in die Nazi-Szene abgerutscht ist. Sein einschneidendes Erlebnis war eine Begegnung mit einer jungen Frau auf der Straße, die ihn nicht etwa als dummen Nazi beschimpft hat, sondern ihn fragte: „Du bist Nazi, was hast du davon?“. Genau solche Momente seien es, die etwas in Menschen auslöst, meint Asumang. Fragen stellen, konfrontieren, Dialog beginnen. Chris bezeichnet sie mittlerweile als Freund, sie verliest auch eine Whatsapp-Nachricht von ihm: „Mir geht es gut. Mittlerweile arbeite ich wieder und betreue acht Jugendliche unter anderem aus Syrien und Afghanistan.“ Nicht der erste und letzte Applaus des Publikums an diesem Abend.

Doch der Film ist mehr als nur Konfrontation. Er nimmt den Zuschauer mit auf die Reise der Moderatorin, denn sie will herausfinden, wer oder was diese Arier, die die Nationalsozialisten so instrumentalisiert haben, eigentlich sind und wo sie herkamen. Nur so viel: Fündig wird sie im Iran. Aber sie besucht auch Burschenschaftstreffen oder einen fanatischen Radio-Moderator in den USA. Herzergreifend sind die Dialoge mit ihrer jüdischen Freundin Esther, die den Holocaust überlebt, aber ihre Eltern und Schwester durch die Nazis verloren hat und nie verzeihen konnte. Fast schon absurd lustig ist, wie ein NPD-Mitglied Mo Asumang erklären will, warum Personen wie sie Deutschland verlassen sollen. Am Ende hat sie ihn sogar so weit, dass er ihr beim Koffer packen helfen möchte.

Gelungene Veranstaltung in der Alten Post: Vanessa Weisbrod von Demokratie leben, Mo Asumang und OB Markus Zwick. Foto: Müller
Gelungene Veranstaltung in der Alten Post: Vanessa Weisbrod von Demokratie leben, Mo Asumang und OB Markus Zwick. Foto: Müller

Die mittlerweile 61-Jährige kämpft und beschäftigt sich schon ihr ganzes Leben mit Rassismus. Ihr Vater stammt aus Ghana, die Mutter ist Deutsche. Sie ist früher in Berlin Taxi gefahren, ein rassistischer Fahrgast hat ihr den Kopf mehrmals auf den Wagen geschlagen. Auch mit der Waffe bedroht wurde sie mehrmals. „Der eigentliche Auslöser für meine Reise und den Film war aber ein anderer“, sagt Asumang. Eine Neonazi-Band hatte ein Lied mit einer Morddrohung veröffentlicht. „Und diese Kugel ist für dich, Mo Asumang“, heißt es in dem Lied. Das sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen.

„Da ist mir erstmal der Boden unter den Füßen weggebrochen“, sagt sie. Heute ist sie stärker, setzt immer auf den Dialog. Ob sie denn nicht Angst gehabt hätte, wollen die Leute in der Alten Post wissen. „Natürlich, aber ich habe mich konzentriert und mein inneres Thai-Chi gefunden“, erklärt sie. Ihre bewährte Methode, die sie auch auf Workshops ihres Vereins Mo:Lab einsetzt und weitergibt. Dort setzt sie sich unter anderem mit Aktionen wie „Mampf & Motz“ für eine starke Demokratie ein.

Alles gut: Mo Asumang macht mit Schülern der Landgraf-Ludwig-Realschule ein Selfie. Foto: Müller
Alles gut: Mo Asumang macht mit Schülern der Landgraf-Ludwig-Realschule ein Selfie. Foto: Müller

Aber die Alte Post ist nicht die einzige Station von Mo Asumang in Pirmasens. Die Fachstelle „Demokratie leben“ hat sie in die Stadt geholt, um auch an Schulen zu gehen. Das waren dieses Mal das Kant-Gymnasium und die Landgraf-Ludwig-Realschule plus. Auch dort lauschen die Schüler gebannt dem Film, man könnte eine Stecknadel fallen hören. Anschließend gibt es auch wie in der Alten Post viele Fragen an die Regisseurin, die sie mit Geduld und viel Erfahrung beantwortet.

Was nimmt sie aus ihren zwei Tagen in Pirmasens mit? „Ich habe unglaublich viel Herzlichkeit und Offenheit gespürt“, sagt sie. Ihr Eindruck sei, dass schon ganz viel gegen Rassismus und für Diversität hier gemacht werde. Wenn sie sich allerdings allgemein in Deutschland und der Welt umschaue, liegt noch viel Arbeit vor uns. Sie möchte weiter für eine starke Demokratie kämpfen. „Dazu gehört auch, Menschen eine zweite Chance zu geben“, sagt sie. Und Mo Asumang verspricht, auch wieder nach Pirmasens zu kommen. Bis dahin trägt sie ihre Botschaft weiter durch die Republik.

Wer ihren sehenswerten Film „Die Arier“ anschauen möchte, kann das kostenlos in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung tun. Hier der Link:


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