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Mattia Polentes und seine Frau Assunta Capalbo haben jetzt offiziell eine "Nette Toilette" in ihrem Eiscafé in der Hauptstraße. Foto: Müller

„Nette Toilette“ in Pirmasens: Fünf neue Anlaufstellen für dringende Fälle

von Thomas Müller

Eiscafé by Mattia einziger gastronomischer Betrieb bisher

Jeder kennt es: Man ist in der Stadt und plötzlich „pressiert’s“! In Pirmasens bisher ein Problem, doch die Stadt soll in der Hinsicht ein kleines Stück besser werden – zumindest, wenn es um ein ganz alltägliches Bedürfnis geht: den Gang zur Toilette. Ab April beteiligen sich fünf Betriebe an der Aktion „Nette Toilette“ und stellen ihre WCs kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung. Ohne Kaufzwang, ohne Konsum, einfach so. Klingt erstmal wie eine Selbstverständlichkeit – ist in deutschen Innenstädten aber eher die Ausnahme, auch in der Horebstadt – bisher.

Roter Sticker für mehr Komfort

Erkennbar sind die neuen Anlaufstellen an einem roten Aufkleber mit lachendem „00-Gesicht“, der künftig an Türen und Schaufenstern klebt. Wer also beim Stadtbummel oder Einkauf plötzlich ein stilles Örtchen braucht, muss nicht mehr mit eingezogenem Bauch nach dem nächsten Café suchen – sondern kann direkt, höflich und erleichtert reingehen.

Ein Schritt, der vor allem Familien mit kleinen Kindern, Senioren oder mobil eingeschränkten Menschen zugutekommt. Auch für Touristinnen und Touristen ist ein verlässliches WC-Netz eine kleine, aber nicht unwichtige Servicefrage. Oberbürgermeister Markus Zwick sieht das genauso bei der Vorstellung des Projekts im Eiscafé: „Ein solches Angebot steht einer Stadt wie Pirmasens gut zu Gesicht“, sagt er und verweist gleichzeitig auf die angespannte Haushaltslage. Denn der Bau weiterer öffentlicher Toiletten scheitert schlicht am Geld. Die bestehenden Anlagen reichen bei Weitem nicht aus, doch neue Stationen sind teuer, und Toiletten gehören nicht zu den Pflichtaufgaben einer Kommune. Also setzt die Stadt auf Kooperation.

City-Managerin Nelia Knerr sucht noch weitere Gastronomen, die sich an der Aktion beteiligen wollen. Foto: Müller
City-Managerin Nelia Knerr sucht noch weitere Gastronomen, die sich an der Aktion beteiligen wollen. Foto: Müller

Nicht neu – aber jetzt offiziell

Mit dabei beim Projektstart sind unter anderem das Stadtmuseum im Alten Rathaus, das Quartiersbüro „Mittendrin“, die Verbandsgemeindeverwaltung Pirmasens-Land, der Concept Store „Perlenmaid“ – und eben das Eiscafé by Mattia. Dessen Inhaber, Mattia Polentes, braucht für seine Entscheidung keine große Überzeugungsarbeit. Für ihn sei es „eine Selbstverständlichkeit“, die Toilette öffentlich zugänglich zu machen. „Wir haben das im Grunde eh schon immer gemacht“, sagt er und hat dabei den roten Aufkleber in der Hand. Die offizielle Teilnahme an der Aktion sieht er als logischen Schritt: „Wenn jemand muss, dann muss er eben. Wir sind doch alle Menschen.“

Doch nicht alle Gastronomen und Händler sind so entspannt. Viele hätten laut City-Managerin Nelia Knerr zunächst gezögert – aus Sorge vor zusätzlichem Aufwand oder Vandalismus. Knerr hat viele Gespräche geführt, um die anfängliche Zurückhaltung zu überwinden. Denn sie ist überzeugt: „Ein gut ausgebautes Netz öffentlicher Toiletten steigert die Aufenthaltsqualität und kommt letztlich auch dem Handel zugute.“

Die Stadt unterstützt teilnehmende Betriebe mit einer monatlichen Pauschale von 50 Euro, um den Mehraufwand bei Reinigung und Unterhalt etwas abzufedern. Ein Betrag, der sicher nicht reich macht – aber ein Signal sein soll, dass die Stadt das Engagement wertschätzt. „Wir werden aber noch weitere Gespräche führen, das hier ist jetzt sozusagen der Anfang und vielleicht lässt sich der ein oder andere auch noch überzeugen“, zeigt sich die City-Managerin optimistisch.

Mattia Polentes und seine Frau Assunta Capalbo haben jetzt offiziell eine "Nette Toilette" in ihrem Eiscafé in der Hauptstraße. Der rote Sticker soll darauf hinweisen. Foto: Müller
Mattia Polentes und seine Frau Assunta Capalbo haben jetzt offiziell eine „Nette Toilette“ in ihrem Eiscafé in der Hauptstraße. Der rote Sticker soll darauf hinweisen. Foto: Müller

Ein Anfang mit Potenzial

Fünf neue Standorte für die Notdurft – das ist ein Anfang. Aber von einem flächendeckenden Angebot ist die Innenstadt noch weit entfernt. Die Hoffnung: Wenn sich das Konzept bewährt und das Thema mehr öffentliche Toiletten sichtbarer wird, schließen sich weitere Betriebe an. Denn derzeit müssen die vier offiziellen öffentlichen WCs (zwei kostenpflichtig, zwei gratis) und eine mobile Toilette im Strecktalpark vor allem im Sommer einen Großteil des Bedarfs abdecken. Viel ist das nicht – und es führt regelmäßig zu Beschwerden, wie die Verwaltung selbst zugibt.

Was steckt hinter dem Projekt?

Die Idee der „Netten Toilette“ stammt ursprünglich aus Aalen (Baden-Württemberg) und wurde dort im Jahr 2000 geboren. Mittlerweile beteiligen sich über 250 Städte und Gemeinden deutschlandweit. Das Prinzip: Betriebe aus Gastronomie, Einzelhandel oder Dienstleistung erklären sich bereit, ihre Toiletten während der Öffnungszeiten allen Menschen zugänglich zu machen – ohne Verzehrzwang. Als Gegenleistung erhalten sie eine kleine Aufwandsentschädigung und werden in der offiziellen App sowie auf Flyern und Webseiten als „nette Gastgeber“ beworben. In Pirmasens liegt entsprechendes Infomaterial u. a. in der Tourist-Information und im Bürger-Service-Center aus, auch auf der städtischen Homepage und in der App sind alle Standorte aufgelistet.

Klar ist: Eine funktionierende Stadt braucht nicht nur Cafés, Läden und Events – sondern auch ganz praktische Dinge wie frei zugängliche WCs. In diesem Sinne: Danke, Mattia. Und hoffentlich bald mehr davon.


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