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Ute Jaquet-Wagner erinnert an die Geschichte der Pirmasenser Juden

von Oliver Siebisch • Titelfoto: Oliver Siebisch

Etliche Personen nehmen am Samstagnachmittag an der offenen Stadtführung zum jüdischen Leben in Pirmasens teil. Die Veranstaltung steht unter dem Titel „Rundgang gegen das Vergessen“.

Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner, welche an verschiedenen Stationen im Stadtgebiet an die Geschichte der jüdischen Einwohner erinnern wird, erklärt vorab, dass sie Führungen zur Geschichte des Forums Alte Post und im Westwallmuseum anbiete, dies auch in englischer Sprache.

Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner. Foto: Siebisch

Dabei sei es ihr wichtig, „die Geschichte, die Entstehung, den Bezug und auch die Machenschaften der NS-Zeit aufzudecken.“ So ist es nicht verwunderlich, dass sie sich zudem für das Pirmasenser Gedenkprojekt interessiert. Seit einer Ausstellung vor einigen Jahren zu Anne Frank im Forum Alte Post sei sie „eingebunden in Workshops und Führungen mit Schulklassen, aber auch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die bezüglich des Gedenkprojekts eine Führung gebucht haben“.

Das Interesse der Gästeführerin reicht tief. „Geschichte zu verstehen“, sagt sie, „hilft uns, auch das Hier und Jetzt zu verstehen. Genau das ist, was mich bewegt.“ Vor allem die Zeit des Nationalsozialismus sei in ihrer Schulzeit viel zu kurz gekommen: „Da wurde der Zweite Weltkrieg gestreift, aber keine Details. Und alle schlimmen Ereignisse dieser Zeit musste man sich selbst erarbeiten. Das hat mich sehr berührt.“ Wenn sie beachte, „wie die Würde der Menschen, der jüdischen Bürger, der politisch andersdenkenden Menschen mit Füßen getreten wurde, wie sie missachtet wurde“, sei es für sie ein Anliegen, heute ihren „Gästen vom Schicksal dieser Menschen zu berichten, damit sie nicht vergessen werden.“

Vor dem Stelendenkmal. Foto: Siebisch

Jaquet-Wagner beginnt ihre Führung am Stelendenkmal, der zentralen Gedenkstätte der Stadt für die verfolgten, vertriebenen und ermordeten Pirmasenser Opfer des Nationalsozialismus. Sie erhellt dessen Konzeption und die Besonderheiten der Pirmasenser Gedenkkultur, bei der man sich bewusst nicht für „Stolpersteine“, sondern andere Formen entschieden habe: Ein an den Gedenkorten jeweils angebrachter QR-Code soll gerade jungen Menschen den Zugang zur Geschichte ermöglichen.

Erinnern an die Geschichte der Familie Dreifus. Foto: Siebisch

„Menschen aus unserer Stadt, vor allem jüdische Bürger“, sagt die Gästeführerin, „wurden ab 1933 gedemütigt, erniedrigt, verfolgt, und mit den später folgenden Gesetzen sind schlimme Repressalien gekommen, die bis hin zum Tode in den Vernichtungslagern geführt haben.“ Von diesem Gedanken und vom Stelendenkmal ausgehend entwickelt sie sodann den Rundgang, der jeweils vor historischen Gebäuden oder den Orten, an denen sie sich einst befunden haben, vertieft wird. Jaquet-Wagner beleuchtet auf solche Weise das Schicksal der Familie Dreifus, geht am Oppenheimer Tor auf die bis in die Landgrafenzeit zurückreichende Historie der Pirmasenser Juden ein, kehrt auch den Humor des im 19. Jahrhundert wirkenden Bezirksrabbiners Juda Oppenheim hervor.

Am Oppenheimer Tor. Foto: Siebisch

Die mit zahlreichen Abbildungen anschaulich gemachte und durch Quellenzitate angereicherte Führung beendet Ute Jaquet-Wagner mit den Worten: „Mit der Wannseekonferenz erfolgte der Beschluss der industriellen Vernichtung und Ermordung von Menschen, an die wir heute an einigen Stellen gedacht haben. Ich möchte mich an dieser Stelle bedanken für Ihre tolle Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich konnte Ihnen diesen Teil unserer Geschichte näherbringen und etwas verdeutlichen.“

Und wirklich hat es die Gästeführerin vermocht, die Teilnehmer der Führung an der Geschichte der Pirmasenser Juden Anteil nehmen zu lassen. Das wird, fern aller Äußerlichkeit, nicht zuletzt ihrem klaren Konzept sowie dem freien und sprachlich einwandfreien Vortrag zuzuschreiben sein.


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