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Ein Herz für Tiere: Waltraud Prokopeck beim Aufbau zum Flohmarkt. Foto: Müller

Waltraud Prokopeck: Ein Leben für den Tierschutz

von Thomas Müller

Wieder großer Flohmarkt vom Verein „Menschen für Tiere“ – Wie auch du dich engagieren kannst

Gerade legt die Dame noch einen Teller wieder zurück auf den angerichteten Tisch. Von außen wirkt sie zierlich. Doch wer Waltraud Prokopeck begegnet, spürt schnell: Diese Frau ist eine Kämpferin. Mit 78 Jahren steht sie noch immer in der Messehalle, sortiert Spenden, kümmert sich um herrenlose Katzen – und das Tag für Tag, seit Jahrzehnten.

„Guten Tag, Waltraud Prokopeck ist mein Name“, begrüßt sie uns. Umringt von allerhand Porzellan und allem Möglichen, was es zu kaufen gibt. Denn wieder einmal organisiert sie den Flohmarkt ihres Vereins „Menschen für Tiere“, der jedes Mal die Scharen an Schnäppchenjägern anlockt. „Eigentlich bin ich zu alt für das alles“, lacht sie.  „Aber der Flohmarkt und Tierschutz sind meine Herzensangelegenheit, ich kann nicht anders!“ Doch wie kam es eigentlich dazu?

Waltraud Prokopeck mit ihren treuen Helfern beim Aufbau. Foto: Müller
Waltraud Prokopeck mit ihren treuen Helfern beim Aufbau. Foto: Müller

Dazu gab es vor etwa 35 Jahren eine Schicksals-Begegnung beim Tierarzt. „Ich war mit eine meiner Katzen dort und habe mich über eine Frau gewundert, die dort mit einer Menge Transportboxen saß“, erinnert sich Prokopeck. Dann hat sie den Tierarzt gefragt, was die Frau macht. Die sei beim Tierschutz. Der Arzt stellte die beiden vor. „Frau Dick hat mir dann erzählt, was sie macht und ich war sofort überzeugt, dass ich das auch machen will.“

Gesagt, getan. Doch schon kurze Zeit später starb Frau Dick und Prokopeck wurde gefragt, ob sie sich ein Amt beim Verein vorstellen könnte. „Für mich kam eigentlich nur das Amt als Kassenwartin infrage, ich wollte sichergehen, dass auch wirklich alles komplett in den Tierschutz fließt“, sagt sie.

Damit hatte sich auch gleichzeitig ihre politische „Karriere“ erledigt. „Ich hatte am Anfang die Wahl, zur CDU oder in den Tierschutz zu gehen – Bei der CDU bin ich zwar bis heute Mitglied, aber habe mich aktiv für den Tierschutz entschieden“, sagt Prokopeck. Und die Seniorin hat ein bewegtes Leben hinter sich.

Die ersten Tische mit den Waren in der Messehalle sind schon aufgebaut. Foto: Müller
Die ersten Tische mit den Waren in der Messehalle sind schon aufgebaut. Foto: Müller

1947 wird sie in Rachting an der Mosel geboren. Nur vier Jahre später zieht die Familie aber nach Pirmasens, weil ihre Mutter von hier stammt. „Ich sehe mich als waschechte Pirmasenserin, zu 100 Prozent“, lacht Prokopeck. Hier lernt sie mit 16 auch die Liebe ihres Lebens, den Amerikaner Mike kennen und heiratet ihn. „Wir brauchten natürlich die Zustimmung der Familien, aber das war kein Problem“, erinnert sie sich. Gemeinsam gehen die beiden ein Jahr nach der Hochzeit in die USA nach Tennessee. „Dort haben wir Elvis Presleys Grab und Graceland besucht“, schwärmt die Seniorin.

Aber glücklich wird sie nicht, es plagt sie das Heimweh. Ihr Mann sagt, dass sie auch zurück nach Deutschland gehen können. Ein Anruf bei Prokopecks Vater Oswald reicht, der schickt das Geld für den Rückflug. In Pirmasens wird das junge Paar dann doch heimisch im zweiten Anlauf. Und sie finden Arbeit, der sie bis zur Rente treu bleiben. „Mein Mann hat 36 Jahre und ich 39 Jahre bei der Messe gearbeitet, das war das Beste, was uns passieren konnte“, schwärmt sie.

Noch heute bekommt sie Gänsehaut, wenn sie die Treppen neben dem heutigen Medicenter hinunterläuft. „Ich habe vom Straßenkehrer bis zum Bundeskanzler alles kennengelernt, das war einfach toll“, sagt Prokopeck. Egal ob Helmut Kohl, Helmut Schmidt oder Willy Brandt – allen hat sie die Hand geschüttelt. An Helmut Kohl hat sie übrigens besondere Erinnerungen: „Als der noch als Ministerpräsident bei der IMS zu Gast war, fragte er mich, ob ich Angst vor ihm habe“, lacht sie. „Der war aber auch eine Erscheinung, so groß und ich so jung und klein.“ Auch als er mal mit seinem Tross spontan zu einer Kunstausstellung nach Pirmasens wollte, musste das Ehepaar wieder in der Messe antreten. „Kohl hat meinen Mann immer mit Mike angesprochen und ich war Frau Mike, weil er Probleme mit unserem Nachnamen hatte“, lacht Prokopeck.

Besonderes Ausstellungstück: Dieser Teddy aus dem Osten Deutschlands dürfte auch einen größeren Betrag in die Kasse des Vereins spülen. Foto: Müller
Besonderes Ausstellungstück: Dieser Teddy aus dem Osten Deutschlands dürfte auch einen größeren Betrag in die Kasse des Vereins spülen. Foto: Müller

„Wir hatten ein super tolles Leben gehabt, ich möchte mit meiner Arbeit für den Tierschutz einfach ein bisschen was zurückgeben“, lautet ihr Motto. Mittlerweile muss sie das aber leider ohne ihren Mann Mike machen, denn er ist vor vier Jahren verstorben. Sie wird wehmütig, wenn sie darüber redet. „Der Tierschutz hilft mir ein bisschen, das zu überwinden“, sagt sie. Sie besucht das Grab ihres Mannes jeden Tag, aber die Aufgabe Tierschutz hält sie auf Trab. Spricht man mit ihr, kann man kaum glauben, dass diese Frau wirklich schon 78 Jahre alt ist.

Vor ein paar Jahren ist Waltraud Prokopeck für ihr Engagement auch vom Land Rheinland-Pfalz mit dem Tierschutzpreis bedacht worden. Ausgezeichnet wurde sie als Mitglied und treibender Motor des Vereins. Aber Waltraud wäre nicht Waltraud, wenn sie nicht auch die 3000 Euro Preisgeld komplett wieder in den Verein gesteckt hätte. Eine Selbstverständlichkeit für sie.

Jeden Tag geht sie auf zwei Runden nach draußen, um Streuner-Katzen an verschiedenen Futterstellen zu füttern. „Das mache ich an 365 Tagen im Jahr, bei Wind und Wetter“, sagt sie stolz. Fit ist sie auf jeden Fall. Und hat mittlerweile selbst sieben Stubentiger Zuhause. Doch sie würde sich natürlich mehr Unterstützung wünschen. „Das Durchschnittsalter im Verein liegt bei uns um die 70 Jahre“, sagt Prokopeck. Menschen für Tiere teilt also das Schicksal vieler Vereinigungen. „Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Menschen engagieren. Es muss keiner Tiere mögen, aber die sollen dann auch einfach ruhig sein“, sagt die Seniorin. Schon oft wurde sie auf ihren Futter-Touren beschimpft.

Darüber hinaus ist die Seniorin Ansprechpartner für Notfälle, denn auch dafür ist der Verein da. „Wir wollen den Tieren helfen, doch dazu braucht es Geld.“ Jede Woche rufen rund 30 Menschen hilfesuchend bei ihr an, sei es morgens um 7 oder abends um 22 Uhr. Da kommt es auch schon mal vor, dass die Tierklinik am anderen Ende des Hörers ist und sagt: „Wir haben hier einen Hund, die Operation kostet 3000 Euro und die Halter können es nicht bezahlen – übernehmt ihr das?“

„Das bringt einen oft in die Zwickmühle, ich kenne die Leute ja nicht und die Geschichte dahinter und muss innerhalb weniger Sekunden eine Entscheidung treffen“, sagt Prokopeck. Natürlich erinnert sie sich an viele Fälle, bei denen der Verein das Zünglein an der Waage war, damit das Tier überlebt. Sie erzählt von einer Frau, die sie angerufen hatte. Die Dame hatte ihren Job verloren, die Katze wurde krank. Der Verein übernahm die Kosten für den Tierarzt. „Zwei Jahre später stand die Frau abends vor meiner Tür mit dem Geld in der Hand. Sie habe wieder einen Job gefunden und wollte ihre Rechnung begleichen.“ Das ist aber die absolute Ausnahme.

Auch allerlei Tier- und Freizeitzubehör gibt es beim Flohmarkt zu kaufen. Müller
Auch allerlei Tier- und Freizeitzubehör gibt es beim Flohmarkt zu kaufen. Müller

„Mir wurde in den ganzen Jahren schon so viel versprochen und nicht gehalten, ich kann es gar nicht mehr zählen“, sagt Prokopeck enttäuscht. „Vielleicht mag ich Tiere deshalb mehr als Menschen“, schiebt sie aber direkt hinterher. Einen kleinen Lichtblick hat sie erst letzte Woche erlebt: Der Hund eines Schülers der Kirchbergschule war krank geworden, die Familie konnte die Tierarzt-Rechnung nicht bezahlen und der Verein übernahm das. „Letzte Woche kam dann die Lehrerin mit 14 Schülern und die haben uns geholfen, die Tische aufzubauen“, freut sich Prokopeck. Ein kleiner Lichtblick in Sachen Dankbarkeit.

Wobei wir zurück beim Flohmarkt sind, den Prokopeck seit fast 30 Jahren organisiert. Angefangen hat alles recht klein in der Messehalle. „Damals hab ich das unter anderem mit Christel Wilhelm vom Tierheim gemacht“, erinnert sich Waltraud Prokopeck. Schnell wurde die Veranstaltung größer und beliebter. „Anfangs mussten wir noch Inserate schalten, um Waren zu bekommen, das läuft heute von allein.“ Allerdings auch da nicht immer ohne Hürden. „Viele Leute haben einfach alte, kaputte Sachen vor die Tür gestellt, die wir dann entsorgen mussten, das hat uns auch nicht weitergeholfen“, sagt sie.

Das habe sich zum Glück wieder etwas gebessert. Es gibt auch großzügige Unterstützer, wie zum Beispiel ein Ehepaar aus Stuttgart. Dorthin hat der Verein mal Katzen vermittelt. Das Paar spürt seitdem eine Verbundenheit zu den Tierschützern. Und weil sie sich wohnlich verkleinern wollen, stiften sie alles, was sie nicht mehr brauchen dem Verein zum Verkauf auf dem Flohmarkt.

Andreas Seibert mit einer schönen Lampe, die sicher einen Abnehmer finden wird. Foto: Müller
Andreas Seibert mit einer schönen Lampe, die sicher einen Abnehmer finden wird. Foto: Müller

Während des Gesprächs wuseln immer wieder Helfer durch die Messehalle, es sind eigentlich nur ältere Damen, die Kisten ausräumen und Waren auf die Tische packen. Knapp drei Wochen dauert der Aufbau. „Das Sortieren machen wir eigentlich das ganze Jahr über“, berichtet Prokopeck. Kommen Waren an, werden die gesäubert, mit einem Preis versehen und in Kisten zwischengelagert. Dazwischen springt auch ein jüngerer Mann durch die Reihen.

Es ist Andreas Seibert, er kam vor knapp drei Jahren zum Verein. „Eigentlich eher durch Zufall, aber ich fand das Engagement bemerkenswert und wollte mich einbringen“, sagt er. In Pirmasens ist er auch kein Unbekannter, betreibt unter anderem die Schlittschuhbahn beim Belznickelmarkt. Er kam auch auf die Idee, private Händler mit einzubinden. „Wir haben etwa 60 Händler hier in der Halle, sie tragen mit ihrer Standgebühr dazu bei, die Kosten zu decken, zum Beispiel für Strom“, sagt Seibert. Froh ist der Verein auch über die Unterstützung von Stadt und Messe.

Wie es sich für einen Flohmarkt einer Tierschutzorganisation gehört, gibt es auch allerhand Zubehör für Tiere. „Ich glaube, wir haben hier mehr Hundeleinen im Angebot, als es Hunde in Pirmasens gibt“, lacht Seibert. Aber auch für Pferde, Katzen und viele weitere Tierarten ist etwas dabei. Auch Spielzeug, Porzellan, Haushaltswaren und vieles mehr stapelt sich auf und neben den Tischen in der Messehalle.

„Eigentlich wollte ich vor ein paar Jahren aufhören, ich kann es aber nicht“, sagt Waltraud Prokopeck. Sie ist froh über die Unterstützung, würde sich aber noch mehr wünschen. Und der Verein ist auf die Erlöse auf dem Flohmarkt angewiesen. Allein im vergangenen Jahr hat Menschen für Tiere 179 Katzen und 109 Kater in Pirmasens und der Umgebung kastrieren lassen. Die Tierarztkosten dafür belaufen sich schon auf rund 70.000 Euro. „Früher hat eine Kastration 60 Euro gekostet, heute teilweise bis zu 230 Euro“, klagt Prokopeck.

Ein Herz und eine Seele: Waltraud Prokopeck mit Katze Lillifee. Foto: Müller
Ein Herz und eine Seele: Waltraud Prokopeck mit Katze Lillifee. Foto: Müller

Um das alles zu stemmen, ist der Flohmarkt eine enorme Einnahmequelle. Der findet am nächsten Samstag und Sonntag, 5. und 6. April statt. Samstags ist von 9 bis 15 Uhr geöffnet, sonntags von 10 bis 15 Uhr. „Wir hoffen, dass wir viele Besucher haben, vielleicht findet sich ja der ein oder andere Unterstützer“, sagt Prokopeck. Mitmachen sei eigentlich ganz einfach, auch beim Flohmarkt selbst werden Mitgliedsanträge ausgelegt. Der Beitrag pro Jahr beläuft sich auf 15 Euro.

„Wir suchen aber natürlich auch Leute, die zum Beispiel Futterstellen versorgen oder sich auch beim Flohmarkt einbringen“, betont die Kassenwartin. Wer sich einbringen möchte, kann anrufen, eine Mail schreiben oder per Facebook eine Nachricht schicken. Auch für Spenden zum Flohmarkt.

Und wie lange möchte Waltraud Prokopeck noch weitermachen? „Ich habe mich dazu entschieden, bis ich umfalle!“, lacht sie. Bleibt zu hoffen, dass es bis dahin noch ganz lange dauert. Denn es wäre ein schmerzlicher Verlust für die Ehrenamts-Welt in Pirmasens!

Hier die Kontaktdaten, wenn du dich bei Menschen für Tiere engagieren willst:

Facebook:

E-Mail: mft.ps.rlp@gmail.com

Telefon: 06331-553322

Auch ein Spendenkonto ist eingerichtet:

Sparkasse Südwestpfalz, DE58 5425 0010 0000 0427 47

Also los, unterstützt den Verein Menschen für Tiere!


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