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Zwischen Plenarsaal, Präsidentinnen und ewigen Verwechslungen
von Thomas MüllerAngelika Glöckner startet mit Humor und Ernst in die neue Legislatur
Aller guten Dinge sind drei – könnte man meinen. Doch für die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner war die erste Sitzung des neuen Bundestags auch beim dritten Mal alles andere als Routine. „Dieser Moment, wenn man wieder im Plenum Platz nimmt, ist einfach ehrfurchtgebietend – das nutzt sich nicht ab“, sagt die Abgeordnete, die seit über zehn Jahren die Interessen der Region in Berlin vertritt.
Als sie wieder vor dem mächtigen Bundesadler im Plenarsaal stand, war da erneut dieses Gefühl von Verantwortung. „Man spürt einfach das Gewicht, das auf unseren Schultern liegt – für Millionen Menschen, für Demokratie und Freiheit“, so Glöckner.
Doch die Freude über den Neustart wurde auch von Sorge begleitet. Der sichtbare Stimmenverlust der demokratischen Mitte – SPD, CDU/CSU und Grünen – und der Zuwachs an den politischen Rändern gibt der Sozialdemokratin deutlich zu denken. „Wir dürfen das Mandat, das uns die Menschen geben, nie als selbstverständlich sehen. Gerade jetzt nicht.“ Auch mit Sorge sieht sie, dass ihre Partei rund 100 Abgeordnete verloren hat. „Da kommt jetzt auf uns aber eben viel mehr Arbeit zu“, gibt sich Glöckner kämpferisch.
Schockiert sei sie geradezu gewesen, als sie gesehen hat, wieviel mehr die Parteien vom linken und rechten Rand dazu gewonnen haben. „Das hat man auch im Plenum lautstark wahrgenommen, da war viel Pöbelei“, sagt Glöckner. „Die AFD beweist immer wieder, dass sie unsere rechtsstaatlichen Strukturen ablehnt und nicht viel von unserer Verfassung hält.“ Gerade um den Schutz unseres Parlaments und den Schutz demokratischer Willensbildungsprozesse ginge es aber bei den Sitzungen des Bundestages. Dazu ist die AFD nicht willens und deshalb für so ein Amt wie das des Bundestagsvizepräsidenten nicht geeignet.
Wenig Begeisterung rief bei ihr auch die Eröffnungsrede des dienstältesten Abgeordneten Gregor Gysi hervor. „Normalerweise ein brillanter Redner, aber diesmal war es eher Wahlkampfton statt staatsmännischer Auftakt. Da fehlte mir das Verbindende.“ Sie hätte sich Impulse gewünscht für mehr Zusammenhalt sowie zur Stärkung unserer Demokratie gegen ihre Feinde von innen und außen.
Immer wieder diese Verwechslungsgefahr
Und dann war da noch dieser eine Anruf, der Glöckner kurz stutzen ließ. Wenige Tage vor der Bundestagssitzung kündigte sich der Präsident der Bundestagsverwaltung persönlich in ihrem Büro an – was ungewöhnlich genug ist. Auf ihre Nachfrage hin hieß es, es solle um die Zusammenarbeit mit dem Präsidialbüro gehen. Da dämmerte ihr etwas: „Ich hab gleich gemerkt – da wurde ich wohl wieder mit meiner Namensvetterin Julia Klöckner verwechselt!“, erzählt Glöckner schmunzelnd.
Das unfreiwillige Verwechslungsspiel brachte sie nicht aus der Fassung – im Gegenteil: „So hab ich halt ein bisschen früher erfahren, wer Bundestagspräsidentin wird. Aber ich hab’s natürlich für mich behalten!“ Mittlerweile hat sie die Verwechslungen aufgehört zu zählen. „Ich habe schon Post von Julia Klöckner erhalten, ein Fahrer hat mich mal an die falsche Adresse gefahren statt zu mir nach Hause, Redner haben mich als Julia vorgestellt“, nennt die Lembergerin nur einige Beispiele.
Dass Julia Klöckner das Amt der Bundestagspräsidentin übernimmt, sieht sie mit gemischten Gefühlen: „Sie ist bekannt für polarisierende Aussagen – da wird man sehen, wie souverän sie künftig durch die Sitzungen führt.“ Die Glückwünsche hat sie ihr dennoch persönlich überbracht – kollegial und fair.
Ein echter Lichtblick war für Glöckner dagegen die Wahl ihrer saarländischen Fraktionskollegin Josephine Ortleb ins Präsidium. „Jung, engagiert und eine starke Stimme – das freut mich sehr.“
Mit einer Mischung aus Ernst, Erfahrung und einem guten Schuss Humor geht Angelika Glöckner also in die neue Legislatur. Denn wer im politischen Berlin nicht auch mal über ein Missverständnis lachen kann, der verpasst manchmal die besten Geschichten.
Es wird übrigens ihre letzte Legislatur sein, danach möchte sie aufhören.
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