„Chor ist cool“

Erste Probe des Projektchors Winzeln im Gemeindesaal. Foto: Müller
Mit Thomas Müller

Wie der Protestantische Kirchenchor Winzeln Mitglieder gewinnen will

Montagabend, 19.30 Uhr: Der Gemeindesaal der Dietrich-Bonhoeffer- Kirche in Winzeln ist schon gut gefüllt. Es wird getratscht und gelacht bis Chorleiter Gernot Gölter die Klingel auf seinem Klavier betätigt und die Frauen und Männer begrüßt. Die lauschen gebannt.

Auftakt zur Probe für den neuen Projektchor. Rund 40 Teilnehmer haben sich eingefunden, um daran teilzunehmen. „Es mag dem ein oder anderen, der draußen vorbeiläuft vielleicht komisch vorkommen, dass wir jetzt Anfang September Weihnachtslieder singen, aber schließlich arbeiten wir ja auf den großen Auftritt hin“, sagt er. Schon seit 2011 ist der Kirchenmusiker und Musiklehrer Chorleiter, hat das Amt von Heinrich Mann übernommen. Großes Ziel des Projektchors: Ein Konzert am 5. Januar. Diesmal wird es ein festlich weihnachtliches Programm sein mit bekannten und neuen Werken verschiedener Epochen geben.

Chorleiter Gernot Gölter am Klavier mit Klingel (rechts). Foto: Müller
Chorleiter Gernot Gölter am Klavier mit Klingel (rechts). Foto: Müller

„Mir persönlich bereitet es große Freude diese Projekte und Konzerte zu  planen, proben und aufführen zu dürfen. Es ist jedes Mal eine neue Herausforderung, mit neuen Sängerinnen und Sängern zu arbeiten und immer ein anderes Programm gestalten zu dürfen.“ Unterstützt wird er dabei von seiner Frau Carolin, die studierte Sängerin und Gesangspädagogin ist und professionell die Stimmen der Teilnehmer weiter formt.

Seit 20 im Jahren im Vorstand des Kirchenchors: Martina Reiser. Foto: Müller
Seit 20 im Jahren im Vorstand des Kirchenchors: Martina Reiser. Foto: Müller

Doch Chöre haben es schwer in der heutigen Zeit, immer mehr lösen sich auf und verschwinden von der Bildfläche. Das weiß auch ein der Vorsitzenden, Martina Reiser. „Ich bin schon über 40 Jahre im Chor, direkt nach der Konfirmation bin ich dazu gekommen, schon mein Opa war im Vorstand“, sagt sie. Gerade die Corona-Zeit sei schwierig für Chöre gewesen. Daher die Idee zu Projektchor. „Heutzutage ist es schwierig, Mitglieder zu finden, vor allem an jungen Männern fehlt es“, erklärt Reiser. „Dabei ist Chor eigentlich cool.“ Viele schrecke aber auch die Verpflichtung ab, sich fest an etwas zu binden. Der Projektchor biete die Möglichkeit, einfach mal reinzuschnuppern. Einige seien danach auch weiterhin dem Chor treu geblieben. „Es muss ja auch keiner meinen, dass man dann sonntags immer in die Kirche muss, nur weil wir der Protestantische Kirchenchor Winzeln sind“, lacht Reiser.

Nach der Probe und den ersten einstudierten Liedern gibt es einen Stammtisch, wie jeden ersten Montag im Monat. Keiner geht direkt nach Hause, man spürt eine gewachsene Gemeinschaft der – zugegebenermaßen – meist älteren Mitglieder.

Freundinnen mit Liebe zur Musik: Persephone Haasis und Antonia Fallböhmer-Koob. Foto: Müller
Freundinnen mit Liebe zur Musik: Persephone Haasis und Antonia Fallböhmer-Koob. Foto: Müller

Zwei die herausstechen sind Persephone Haasis und Antonia Fallböhmer-Koob. „Ich habe die Werbung für den Projektchor im Whatsapp-Status von Antonia gesehen und mich spontan entschlossen, vorbeizukommen“, sagt Haasis. Die Autorin hat schon immer gerne gesungen, doch auch ihr früherer Chor ist mittlerweile nicht mehr existent. Ihr Fazit nach der ersten Probe? „Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Ich habe Gänsehaut bekommen, als ich gespürt habe, was Menschen mit ihrem Klangkörper Stimme hier zaubern können“, sagt sie. Schulfreundin Antonia freut sich über die Gesellschaft. „Es ist einfach toll, gemeinsam Musik zu machen und hier herrscht eine super Gemeinschaft“, sagt die Hochschul-Mitarbeiterin. Sie ist seit zwei Jahren beim Chor dabei, ist über ihre Mutter dazu gekommen. Persephone kann sich jedenfalls vorstellen, auch länger als nur für das Projekt dabei zu bleiben.

Gemeinsam Lachen und Singen hält jung: Das Ehepaar Robert und Ursel Steinbach. Foto: Müller
Gemeinsam Lachen und Singen hält jung: Das Ehepaar Robert und Ursel Steinbach. Foto: Müller

Daneben sitzen Robert Steinbach und Ehefrau Ursel. Die beiden sind mit 86 und 83 mit die ältesten Mitglieder im Chor. Beide sind seit 59 Jahren verheiratet. „Es ist einfach die Freude am Singen, an der Musik und der Zusammenhalt, der uns jung hält“, lacht Robert. „Früher haben wir noch Ausflüge gemacht, heute ein Sommerfest, das ist immer wunderschön“, berichtet Ursel. Ein wirkliches Lieblingslied haben die beiden nicht, finden es aber toll, Zeit mit Menschen zu verbringen, die über die Jahre zu Freunden geworden sind.

Vera Koniczek hat beim WInzler Chor ihre musikalische Heimat gefunden. Foto: Müller
Vera Koniczek hat beim WInzler Chor ihre musikalische Heimat gefunden. Foto: Müller

Derselben Meinung ist Vera Koniczek. Seit 2000 ist die 48-Jährige beim Winzler Chor dabei. „Mein damaliger Chor hat sich aufgelöst und dann ist Heinrich Mann an mich herangetreten“, erinnert sie sich. Seitdem ist sie Feuer und Flamme. „Was Gemeinschaft ausmacht zeigt, dass der Chor damals zu meiner Hochzeit gefahren ist und gesungen hat, da hatte ich wirklich Tränen in den Augen“, berichtet die gebürtige Baden-Württembergerin. Der Chor sei eine Herzensangelegenheit. „Das ist wie Familie, da motzt keiner, wenn du mal nicht kommst, sondern die Leute fragen dich, ob alles in Ordnung ist und sie dir helfen können.“ Eine, die sie aus ihrem Wohnort Höheischweiler mitgebracht hat, ist die 84-jährige Martha Kaffenberger. „Mein Chor hat sich nach Corona aufgelöst, dann habe ich hier eine neue Heimat gefunden“, sagt sie. Gemeinsam mit zwei weiteren Frauen wird seitdem eine Fahrgemeinschaft gebildet. „Ich muss einfach raus unter Leute, das hält mich fit“, lacht Kaffenberger.

Martha Kaffenberger hat einfach Spaß am Singen und der Gemeinschaft. Foto: Müller
Martha Kaffenberger hat einfach Spaß am Singen und der Gemeinschaft. Foto: Müller

„Ich kann hier einfach alles vergessen, nach dem Singen fühle ich mich richtig leicht und wieder frisch“, sagt Steffi Hemmer. Die Erzieherin hatte richtig Stress, unter anderem ging ihr Auto kaputt. „Aber da haben ein par Anrufe gewirkt und Hilfe ist auch aus dem Chor gekommen.“ Denn Freundin Kirsten Demberger und deren Mann sind eingesprungen. Demberger meint: „Das ist selbstverständlich, normalerweise nimmt mich Steffi ja immer mit.“ Sogar beim Geschirr spülen nach dem Stammtisch wird in der Küche noch gesungen in Winzeln. „Es ist einfach toll, sogar meine Kopfschmerzen sind jetzt weg“, lacht Steffi Hemmer. Und alle freuen sich schon auf die nächste Probe kommenden Montag.

Die Freundinnen Kirsten Demberger (links) und Steffi Hemmer nach der Probe. Foto: Müller
Die Freundinnen Kirsten Demberger (links) und Steffi Hemmer nach der Probe. Foto: Müller

Wer jetzt Lust auf Singen bekommen hat, kann gerne mal beim Protestantischen Kirchenchor Winzeln vorbeikommen. Die Probe ist immer Montags um 19.30 im Gemeindesaal der Dietrich-Bonhoeffer- Kirche in Winzeln.


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